Nur die wenigsten sind in der Lage, Reparaturen selbst zu erledigen – wie hier in der Werkstätte des WUK. Der Andrang auf die wenigen wirklich professionellen Radwerkstätten in Wien ist gewaltig

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Wien – Das Fahrrad bringt man einfach zum Service – wer fragt da schon nach, ob der Mechaniker auch eine ordentliche Ausbildung hat? Es wäre auch ziemlich sinnlos. "Gut ausgebildete Fachwerkstätten gibt es praktisch nicht", weiß Michael Ferdiny. Der Chef des Wiener Fahrradgeschäftes Ciclopia musste seine eigene Konzessionierung über Einzelprüfungen regelrecht ertrotzen, als der Lehrberuf des Fahrradmechanikers bereits abgeschafft war.

Gewerbeanmeldung reicht

Derzeit gibt es laut Wirtschaftskammer Wien zwei Möglichkeiten: Um ein Fahrradgeschäft betreiben zu können, bedarf es keiner Voraussetzungen. Das Gewerbe anmelden genügt. Der Haken: Streng genommen dürften dann – neben dem Verkauf – nur kleinere Servicetätigkeiten ausgeführt werden, beispielsweise der Sattel gewechselt werden. Wer ein komplettes Service anbieten will, braucht zusätzlich noch das "Teilgewerbe Fahrradtechniker". Dafür ist ein Lehrabschluss in einem mechanischem Bereich Bedingungen.

Die Folge: Jene Fahrradgeschäfte, die lediglich in der Handelskammer registriert sind, übernehmen in der Regel Arbeiten, die gewerblich gar nicht konzessioniert sind. Laut Kammer gibt es in Wien 50 Fahrrad-Einzelhändler.

Doppelt so viele Räder

Nachfrage und Anspruch werden in den nächsten Jahren aber gewaltig zunehmen: "In Wien gibt es derzeit einen Radanteil von fünf Prozent, der auf zehn Prozent gesteigert werden soll. Das heißt: Es werden doppelt so viele Räder auf der Straße sein", gibt Ferdiny zu bedenken. Aber schon jetzt ist bei der Ciclopia das Service binnen eines Tages nur noch gegen Termin und nur für Stammkunden oder jene, die dort ihr Rad gekauft haben, möglich. Ähnlich halten es, sagt Ferdiny, die Cooperative und die IG Fahrrad. Der Andrang ist aber laut Ferdiny derart groß, "dass wir die Reparaturen in den Monaten Mai bis Juni schon fast nicht mehr schaffen".

Dabei hat ein ehemaliger Mitarbeiter bereits einen eigenen Ciclopia-Werkstattbetrieb in Ottakring gegründet – ist aber auch schon voll ausgelastet. "In Wien wäre sicher Platz für zehn bis 15 derartige Betriebe, die selbst nicht unbedingt Fahrradhändler sein müssten", schätzt Ferdiny.

Aber die müssten einerseits über die historische Entwicklung der Fahrradtechnik bestens Bescheid wissen – und gleichzeitig die immer komplexeren neuen System beherrschen. Von hydraulischen Scheibenbremsen über Federgabel-Service bis hin zu elektronischen Schaltungen, die in den nächsten Jahren aktuell werden. Viele, die sich den Job selbst beigebracht haben, geben da längst w.o. und schicken die Teile einfach zum Importeur.

Kleine Berufsschule

"Daher brauchen wir einen tatsächlichen Lehrberuf", fordert Ferdiny. Einen, wo man das Handwerk mit Werkstoffkunde, Schweißen und Drehen von Grund auf lernt sowie alte Systeme und neue Spezialgebiete umfassend vermittelt bekommt. "Das kann ruhig eine kleine Berufsschule sein, in der beispielsweise im Herbst 50 Lehrlinge im Block zusammengefasst werden." Nicht alle Fahrradhändler teilen diese Meinung. Christian Weinzetl, Chef vom "Cyclecircle" in der Wiedner Hauptstraße, sieht keine Notwendigkeit für einen "Lehrberuf". Weinzetl hat drei Mitarbeiter, die ihm in seinem Geschäft unterstützen. Mehr braucht er auch nicht, trotz hoher Auftragslage: "Reparaturen haben wir mehr denn je", sagt er und mutmaßt, dass "vielleicht nicht alle Geschäfte reparieren wollen".

Dass viele Radler ihre Geräte nicht selbst warten, erklärt er sich so: "Es gibt welche, die können das, wollen aber nicht. Und dann gibt es natürlich die mit zwei linken Händen." (Roman David-Freihsl, Peter Mayr, DER STANDARD Printausgabe, 1.8.2007)