Salzburg - Kollektive Entstehung und formale Experimentierfreude sind die Gemeinsamkeiten jener vier Theaterprojekte, die ab morgen, Dienstag, bei den Salzburger Festspielen im Rahmen des "Young Directors Project" (YDP) vorgestellt werden. Man habe nach Inszenierungsstilen und Arbeitsweisen gesucht, "von denen wir glauben, dass sie künftig auch die Stadttheater prägen werden", erläuterte der Schauspielchef der Festspiele, Thomas Oberender, heute Vormittag bei einem Pressegespräch im Salzburger republic, dem Schauplatz des Wettbewerbs, der am 17. August (11 Uhr) mit der Verleihung des "Montblanc Young Directors Award" abgeschlossen wird.

Man sei im diesjährigen Programm den eingeschlagenen Weg der Internationalisierung weiter gegangen, meinte Oberender. Mit "WMF. Wiedersehen macht Freude" (ab 9. August) kommt nur noch eine der vier eingeladenen Produktionen aus einem deutschsprachigen Land. Für 2008 wünscht sich Sponsor Montblanc, der bereits im Vorjahr den Vertrag bis 2011 verlängert hat (Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler: "Eine Planungssicherheit, wie wir sie uns von der öffentlichen Hand wünschen würden"), möglichst die Teilnahme einer Gruppe aus Amerika oder Asien und hat u.a. dafür das Budget um die Hälfte erhöht, wie Ingrid Roosen-Trinks von der Kulturstiftung Montblanc erläuterte. Neben dem Produktionsbudget der Festspiel-Reihe stiftet Montblanc für den Sieger auch 10.000 Euro Preisgeld sowie einen Montblanc Max Reinhardt Pen, der bei einer Auflage von 30 Stück während der Festspielzeit um 19.000 Euro auch käuflich erworben werden kann.

Erstmals versucht man heuer beim "Young Directors Project" eine Art Repertoirebetrieb, um auch nur wenige Tage in Salzburg weilenden Festspielbesuchern den Besuch mehrere YDP-Aufführungen zu ermöglichen. Und erstmals umfasst die Jury fünf Mitglieder: Schauspielerin Sunnyi Melles stößt zu dem aus Rabl-Stadler, Peter Simonischek, Thaddaeus Ropac und Wolfgang Kralicek gebildeten Quartett dazu. Der Phänomenologe und Philosoph Bernhard Waldenfels wird die Reihe mit einem Eröffnungsvortrag und Publikumsgesprächen begleiten.

Junge Regie-Handschriften

Auf der Suche "nach jungen Regie-Handschriften, die in Compagnie-Zusammenhang entwickelt wurden" (Oberender) ist Kuratorin Martine Dennewald auf Theatergruppen aus Brüssel, Rimini, Frankfurt und Rotterdam gestoßen. Den Auftakt macht morgen, Dienstag, die belgische Gruppe Peeping Tom mit "Le Salon", der "charmantesten und humorvollsten Arbeit dieses Jahres" (Dennewald), bei der drei Generationen einer Familie einander in einem abgewohnten Wohnzimmer begegnen. Am 3. August feiert das Gastspiel "Come un cane senza padrone" der italienischen Gruppe Motus Premiere, bei dem ein Romanfragment von Pier Paolo Pasolini mit Theater und Video aufbereitet wird und ein alter Alfa Romeo eine wichtige Rolle spielt.

Ab 9. August zeigt das Regieteam "Auftrag : Lorey" (Björn Auftrag und Stefanie Lorey) die Produktion "WMF. Wiedersehen macht Freude", bei der jeweils zwölf Schauspieler exklusiv für je einen Zuschauer spielen. In den geplanten zehn Aufführungen kommen also genau 120 Besucher in den Genuss der einstündigen Produktion. "Wir sind hier abgekoppelt von den Zwängen des Marktes", betonte Oberender, "Natürlich ist das luxuriös, aber es gilt auch, Abenteuer anzubieten." Den Abschluss macht ab 15. August das niederländische Theaterkollektiv Modern mit einer "theatralischen Animation" namens "Lager": Mit unzähligen kleinen Puppen und einem 1:20 Lager-Modell wird, mit Spezialkameras gefilmt und groß projiziert, der Überlebenskampf im Konzentrationslager Auschwitz zum Thema gemacht. (APA)