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Red Hats Desktop Manager, Havoc Pennington

Foto: Archiv
Geht es nach den Ideen von Havoc Pennington , so soll der Linux-Desktop schon bald zum Online Desktop mutieren. Durch die Integration mit Web-Services einerseits und "null Wartungaufwand" andererseits soll der GNOME zum "perfekten Fenster für das Internet" werden. Am Rande der GNOME-EntwicklerInnen- konferenz hatte Andreas Proschofsky die Möglichkeit mit dem Desktop Manager bei Red Hat über das Potential und mögliche Probleme eines solchen Unterfangens zu diskutieren, abzuklären welche Rolle dabei Windows einnimmt und nachzufragen wie es mit Red Hats Rückkehr in den Desktop-Bereich aussieht.

Das folgende Interview gibt es hier auch wieder im englischen Original.

derStandard.at: Ausgehend von den Reaktionen auf Ihre Keynote: Glauben Sie dass der GNOME Online Desktop gute Chancen hat, Realität zu werden?

Havoc Pennington: Das hoffe ich, ist aber natürlich momentan noch recht schwer einzuschätzen, die ersten Reaktionen schienen aber überwiegend positiv zu sein. Es gibt natürlich noch einiges abzuklären, aber das ist sicher nicht schwieriger als damals, als wir mit dem GNOME begonnen haben. Und es müssen ja ohnehin nicht alle zustimmen, man braucht nur einige Entwickler, die konzentriert an der Umsetzung arbeiten wollen

derStandard.at: Da Novell offenbar Ihrer Idee zustimmt, heißt das nicht, dass die beiden Unternehmen das Ganze ohnehin einfach alleine umsetzen können? Benötigt man da die Zustimmung der Community überhaupt?

Havoc Pennington: Ich denke schon. Die meisten überschätzen sowohl wieviel Open Source Code von Unternehmen geschrieben wird, als auch die Möglichkeiten der Unternehmen ihr Ding ohne Community-Unterstützung umzusetzen. Das heißt natürlich nicht, dass wir einen vollständigen Konsens in der Community brauchen, es reicht auch, wenn ein Teil sein Interesse bekundet. Aber weder Red Hat noch Novell sind groß genug, um das alleine durch zu ziehen.

derStandard.at: In der Vergangenheit gab es bereits einige Unterfangen, die für eine bessere Integration zwischen Online-Services und dem Desktop sorgen sollten - der "soziale" Browser Flock kommt da etwa ins Gedächtnis - keines davon wirklich erfolgreich. Warum denken Sie, dass Sie das besser hin bekommen?

Havoc Pennington: Wann auch immer man von solch allgemeinen Kategorien spricht - seien es Mobiltelefone oder Anwendungen, die sich mit Online-Services verbinden - wird es einige wenige Unterfangen geben, die erfolgreich sind und viel mehr, die scheitern. Im großen und ganzen gibt es dafür immer recht spezifische Gründe, etwa wie die Business-Aspekte gelöst werden, oder auch wie die User Experience ist. Flock ist ja - soweit ich das verstehe - nicht wirklich auf einen Massenmarkt ausgerichtet, das mag also einer der Gründe sein. Auch ist das ja nur eine Integration im Browser, die nicht den ganze Desktop anvisiert. Insofern ist das etwas anderes als wir vorhaben, eher ein Firefox mit Erweiterungen.

derStandard.at: Kann es nicht auch sein, dass die Computer-BenutzerInnen einfach mit dem, was sie haben, zufrieden sind?

Havoc Pennington: Na ja, das ist natürlich immer eine Möglichkeit [lacht]. Aber wenn ich heute einen Desktop benutze, habe ich immer das Gefühl, dass es hier eine ganze Reihe von Defiziten gibt - etwa die lästigen Wartungsaufgaben oder auch das Backup-Problem. Oder einfach auch nur die Notwendigkeit, den Desktop-Hintergrund stetig aufräumen zu müssen, weil er mit Müll zugepflastert ist, keine Kalender-Benachrichtigungen zu haben (von Online-Services, Anm.), oder auch, dass in der Liste der "letzten Dokumente" meine Online-Dokumente nicht enthalten sind.

Nehmen wir das Beispiel eines kleine Unternehmens, das sich Google Apps für die eigene Domain kauft, damit man keine eigenen Mail-Server und ähnliches betreiben muss. Trotzdem muss man sich noch immer stetig um die Windows Desktops kümmern. Wenn wir einen Desktop anbieten könnten, bei dem die Wartung "von selbst" geschieht, bei dem man keine manuellen Eingriffe mehr vornehmen muss, dann muss man auch niemanden für die Wartung zahlen, er "funktioniert einfach". Das könnte doch ein interessantes Angebot für Unternehmen sein.

derStandard.at: Das wäre also eine Einsatzmöglichkeit, an welche denken Sie noch?

Havoc Pennington: Das Ganze könnte auch die Basis für kleine Internet Appliances für zuhause sein. Eine andere Richtung wäre dann noch, einfach Linux-Distributionen und im speziellen Live-CDs interessanter zu machen. Eine Fedora / Ubuntu / was auch immer Live-CD ist einfach wesentlich nützlicher, wenn man sie einfach einlegen kann und ohne Installation Zugriff auf die eigenen Daten haben kann, sonst ist das ja eher ein Spielzeug.

Und natürlich gibt es dann noch den mobilen Bereich...

derStandard.at: Die selben Einstellungen auf verschiedensten Geräten verwenden zu können, ist also einer der großen Vorteile?

Havoc Pennington: Ich denke schon. Und dabei . Zum Beispiel: Firefox auf Windows. Warum sollte der nicht die selben Informationen bekommen, wie die Linux-Version? Wenn es um soziale Netzwerke geht, muss man immer mehrere Plattformen unterstützen, immerhin will man ja, dass sich die eigenen Freunde - unabhängig vom gewählten Betriebssystem - daran beteiligen können.

derStandard.at: Inwiefern soll sich das dann von der Linux-Version unterschieden, wird es dann auch BigBoard (das Panel, dass sich mit den Online-Services verbindet, Anm.) unter Windows geben?

Havoc Pennington: Das ist noch nicht endgültig entschieden. Einige dieser Dinge würden zweifelsohne auch auf Windows Sinn mache - etwa die Liste der eigenen Freunde und ihr Online-Status - andere weniger, wie die Linux-spezifische Software-Installations-Komponente

derStandard.at: Warum sollten die BenutzerInnen dann Linux verwenden, wenn sie das selbe auch unter Windows haben können?

Havoc Pennington: Unter Windows wird das natürlich nicht genau dasselbe sein, mit Linux können wir einfach wesentlich mehr machen, allein schon weil wir das ganze System an unsere Bedürfnisse anpassen und so überflüssigen Wartungsaufwand über Bord werfen können. Und natürlich könnte man so etwas wie eigene Live-CDs unter Windows gar nicht machen, da der nötige Code nicht Open Source ist.

derStandard.at: Wenn wir schon von Microsoft sprechen: Sie haben Bill Gates in ihrer Keynote mit der Aussage zitiert, dass auch Windows in eine ähnliche Richtung gehen wird. Warum sind sie davon überzeugt, dass Sie das besser können?

Havoc Pennington: Hauptsächlich deswegen, weil wir keine Einschränkung auf ein spezifisches Services in unserem Desktop haben werden, so wie es Microsoft mit "Windows Live" plant. Wir können die beliebtesten und besten Services - und nicht nur die - mit dem Desktop integrieren, während Microsoft sich auf die eigenen Angebote beschränkt.

derStandard.at: In der Fragerunde nach Ihrer Keynote wurden einige Bedenken in Hinblick auf Sicherheit und Privatsphäre geäußert. Wie wollen Sie mit diesem Thema umgehen?

Havoc Pennington: Zunächst muss man ganz einfach mal mit größtmöglicher Vorsicht vorgehen. Das heißt: Sicherheitslücken bestmöglich vermeiden, Verschlüsselung verwenden, wo sie benötigt wird, sowie Privacy-Regeln aufstellen und solche Sachen. Es gibt aber natürlich auch einige, die ein prinzipielles Problem damit haben irgendwelche ihrer Daten auf einem Server abzuspeichern, aber ich glaube, dass das nur eine Minderheitenmeinung ist. Immerhin benutzen die meisten Internet-Benutzer ja auch Online-Banking.

Meiner Meinung nach sind die begründeten Bedenken, die geäußert wurden, leicht zu lösen, indem man einfach vorsichtig ist. Und wer will kann ja noch immer einen privaten Schlüssel anlegen und nur verschlüsselte Daten an einen Server schicken. Und da ja schließlich alles als Open Source implementiert wird, kann sich jeder selbst davon überzeugen, dass keine unverschlüsselten Daten, den eigenen Rechner verlassen.

Eine andere Möglichkeit ist natürlich weiterhin alle Daten lokal zu belassen. Es ist ja nicht unsere Absicht dem Desktop Funktionalität wegzunehmen. Und selbst wenn wir einmal an den Punkt kommen - und ich denke ausdrücklich nicht, dass das kommen wird - dass wir ein laufendes Service für den Betrieb des Desktops verlangen, könnten die Benutzer das ja noch immer lokal laufen lassen.

derStandard.at: Was passiert mit einem Online Desktop, wenn keine Netzverbindung da ist?

Havoc Pennington: Nun, für einige Anwendungen ist es glaube ich ganz legitim, in so einem Fall zu sagen: "Funktioniert nicht, wenn man nicht online ist". Immerhin verwenden bereits viele Webmail, da ist das auch nicht anders, insofern ist das Offline-Problem wohl auch etwas überbewertet. Zusätzlich ist das etwas, das auf technischer Ebene gelöst werden kann, in dem man Offline-Modi hinzufügt. Google Gears ist ja erst unlängst erschienen und erlaubt als Browser-Plugin genau das.

Außerdem ist das natürlich etwas, das immer weniger ein Problem ist, je mehr WLANs und mobile Breitbanddienste verbreitet sind. Deren Verfügbarkeit wird über die Jahre nach und nach immer besser werden, und um so etwas wie den Online Desktop vernünftig umzusetzen, benötigt es ohnehin zumindest zwei Jahre.

derStandard.at: Bleibt trotzdem die Problematik, dass so etwas wie der Online Desktop eine ganze Menge Bandbreite benötigt, etwas das vielleicht in Europa oder Nordamerika kein großes Problem sein mag, in anderen Teilen der Welt aber sehr wohl.

Havoc Pennington: Natürlich wird das Ganze zuerst in manchen Gegenden benutzbar sein, bevor man es an anderen einsetzen kann, aber das ist eigentlich etwas, das auf die meisten Technologien zutrifft. Selbst der Linux Desktop verbraucht zu viele Ressourcen für so manchen noch im Einsatz befindlichen Computer.

Zur Bandbreite: Momentan bauen alle an frischen Netzwerken, die stark genug für Video-Streaming und ähnliche Sachen sein sollen. Alles was wir für den Online Desktop benötigen, ist dagegen vergleichsweise winzig.

derStandard.at: Werden Online-Anwendungen traditionelle Programme ersetzen?

Havoc Pennington: Ich denke es gibt einen Trend, dass die Computer-Benutzer von Desktop- auf Online-Anwendungen wechseln, in vielen Fällen aber auch, weil die Online-Programme wirklich etwas anderes sind. Zum Beispiel: Google Documents und OpenOffice Writer lassen sich nicht wirklich vergleichen. OpenOffice lässt wesentlich mehr Kontrolle über den Ausdruck zu und ist um ein vielfaches mächtiger, wenn es um Dinge wie Dokumentformatierung geht. Aber die Google Documents kann ich dafür von überall aus erreichen und leicht mit anderen teilen. Ich persönlich habe die OpenOffice Textverarbeitung nie benutzt, weil ich nie einen Grund dazu hatte, aber ich benutze sehr wohl Google Documents.

Was meiner Einschätzung nach passieren wird, ist, dass diejenigen, die Power-User von traditionellen Anwendungen sind, diese auch weiterhin verwenden werden, weil sie spezifische Features brauchen. Aber es wird auch andere geben, die die Online-Anwendungen verwenden, weil sie andere Bedürfnisse erfüllen. Es wird also eine Art von Koexistenz geben, aber mit einem Trend zu Online-Anwendungen, da die Features der Online-Programme meist wichtiger sein werden, als die stärkeren Möglichkeiten der traditionellen Software.

Und natürlich wird es auch ein zunehmendes Verschwimmen der Grenzen zwischen den beiden Welten geben, einerseits indem Online-Anwendungen Offline-Modi und komplexere Interfaces bieten werden und umgekehrt sich die klassischen Desktop-Programme immer besser mit Online Services integrieren.

derStandard.at: Aber die BenutzerInnen sollen nicht aktiv in Richtung der Online-Anwendungen "gepusht" werden?

Havoc Pennington: Ich glaube nicht, dass es Sinn macht jemandem zu sagen: "Das darfst du nicht mehr benutzen". Wenn jemand eine lokale Anwendung starten will, dann soll er eine lokale Anwendung starten können. Die Frage ist eher eine Frage nach den Voreinstellungen. Und meiner Meinung nach sollte es dabei zumindest einen Modus geben, in dem die Benutzung von Online-Anwendungen aktiv angeregt wird.

Aber für Programme wie den Gimp oder Photoshop wird es wohl nicht so schnell eine Alternative in der Online-Welt geben, die die Bedürfnisse der Kreativen befriedigen kann. Das gilt selbst bei Textverarbeitungen - Ich glaube kaum, dass viele professionelle Autoren Google Documents einsetzen werden.

derStandard.at: Werden die UserInnen in der Zukunft einen gnome.org-Account benötigen, um den Desktop benutzen zu können, oder bleibt dies optional?

Havoc Pennington: Für die absehbare Zukunft wird das natürlich vollkommen optional bleiben. Aber klar - in der Realität kommt es auch stark auf die Voreinstellungen an, und das werden wohl die einzelnen Distributionen für sich entscheiden müssen, immerhin installiert ja kaum wer GNOME direkt von den Quellcode-Paketen. Und es kann natürlich sein, dass bei einigen dann die Online-Sachen von Haus aus aktiviert sein werden.

Vielleicht ist auch die Art wie wir das bisher bei unseren Prototypen gelöst haben, ein gutes Beispiel. Hier gibt es einfach verschiedene Profile mit unterschiedlichen Voreinstellungen und ein kleines Kommandozeilentool, das zwischen den beiden Modi wechselt

derStandard.at: Gehen Sie davon aus, dass die Distributionen gnome.org-Accounts verwenden oder lieber eigene Server aufsetzen werden?

Havoc Pennington: Wie das genau ablaufen wird, ist derzeit noch schwer einzuschätzen. Aber zumindest für einige Services wäre es wohl von Vorteil einen zentralen Server zu haben, insofern sollten wir ganz genau darauf achten, dass alle mit diesem glücklich sind. Schließlich will man ja im besten Fall alle seine Freunde auf einem Server haben und nicht die, die Ubuntu einsetzen auf einem und die, die Fedora verwenden, auf einem anderen, das wäre wohl suboptimal.

Wenn es jedoch lediglich darum geht die privaten Daten der Benutzer zu speichern, dann ist es egal auf welchem Server das passiert. In diesem Fall könnte es sogar besser sein, wenn das die einzelnen Distributionen übernehmen, weil dann jede Distribution die Kosten für die eigenen User übernehmen muss. Der gnome.org-Service wäre dann vor allem wichtig, um sicher zu stellen, dass man sich keinen Server kaufen muss, um eine eigene Distribution zu betreiben. Für kleinere Distributionen oder Entwickler, die ihr System selber kompilieren, wäre das sicher ein großer Vorteil.

derStandard.at: Gibt es bereits einen Zeitplan für den GNOME Online Desktop?

Havoc Pennington: Das hängt zur Gänze davon ab, wie viele sich für diese Idee interessieren und in welche Richtung sich das Ganze entwickelt, insofern ist derzeit noch schwer zu sagen. Aber immerhin gibt es bereits erste Prototypen und klarerweise würden wir das Projekt gerne so schnell wie möglich umsetzen. Eine erste funktionstüchtige Version könnte wohl in sechs bis zwölf Monaten entstehen, obwohl es in der Realität natürlich auch länger brauchen könnte. Die Entwicklung von Software hat ja die Angewohnheit immer doppelt so lang zu brauchen, wie man anfänglich glaubt. Aber wenn wir dann schlussendlich vier Jahre benötigen, wird das wohl zu spät sein, um noch irgendwie relevant zu sein.

derStandard.at: Werden die BenutzerInnen davon schon in Fedora 8 etwas zu sehen bekommen?

Havoc Pennington: Ja, es wird sicher etwas zur Demonstration enthalten sein, aber das ist wirklich mehr so ein "Hier gibt es was Neues, das ist noch nicht fertig, aber ihr könnt schon mal damit rumspielen". Aber es wird nicht von Haus aus aktiviert sein. Dafür ist es einfach noch zu früh.

Aber immerhin geht es jetzt schon schneller voran als mit dem Original-GNOME. Ich meine, das GNOME Panel hat mal als graues Rechteck begonnen, das ziemlich nutzlos war. Meiner persönlichen Meinung nach war ohnehin die gesamte GNOME 1.0, 1.2, 1.4-Serie ziemlich schlecht, es braucht halt einfach Zeit bis Software wirklich ausgereift ist.

derStandard.at: Immer wieder ist davon zu lesen, dass Red Hat nun auf den Desktop zurückkehrt, stimmen Sie dem zu?

Havoc Pennington: Nein, das finde ich irreführend. Ich würde nicht sagen, dass Red Hat jemals den Desktop verlassen hat. Mir ist schon klar, dass das eine populäre Einschätzung ist, aber die meisten scheinen das an der Einstellung der Verkaufsbox (vor einigen Jahren, Anm.) aufzuhängen. Dabei verwechseln sie das Kaufprodukt mit dem Desktop an sich, und diese haben nicht wirklich etwas miteinander zu tun, schon gar nicht damit, wie wir das damals bei Red Hat betrachtet haben. Die Entscheidung zwischen Verkaufsbox und reinem Downloadangebot war eine Entscheidung für ein Geschäftsmodell, aber hatte nichts damit zu tun, was das Produkt kann - und das hat sich ja durch die Umstellung nicht geändert.

Insofern glaube ich also nicht, dass diese Wahrnehmung je richtig war, außerdem haben wir über Jahre hinweg wohl am meisten zu GTK+ und GNOME beigetragen - und tun dies noch immer. Wir haben ziemlich viele Entwickler bei Red Hat im Desktop-Bereich beschäftigt.

Die Art wie wir an den Linux-Desktop" herangehen, ist eigentlich über die Jahre immer gleich geblieben. Da wäre einerseits der Enterprise-Bereich und andererseits der Versuch frische Zugänge zum Desktop zu finden. Konzepte, die nicht einfach nur eine Kopie dessen sind, was proprietäre Mitbewerber bereits gemacht haben. Unsere Beteiligung am One Laptop per Child-Projekt wäre da so ein Beispiel.

Für mich persönlich - also jetzt nicht für Red Hat sprechend - ist dieses "einen Desktop machen" aber ohnehin so ziemlich die schlimmste Zielsetzung, die es gibt. Das ist eine ganz furchtbare Art an ein Problem heranzugehen, da ist in die Ausgangsposition eigentlich schon eingebaut, dass man nichts anderes tut, als vorhandene Ansätze zu kopieren und dass man glaubt, dass die Benutzer ohnehin nichts anderes wollen, als das, was sie jetzt haben. Das ist einfach keine sonderlich vorausschauende Herangehensweise, es sagt nichts darüber aus, was der eigene Desktop eigentlich erreichen soll. Sehen wir uns doch mal an, was in jeder Mac OS X-Release an neuen Features enthalten ist. Mit einer simplen "wir machen einen Desktop"-Zielsetzung,würden sie wohl nie so eine Feature-Liste zusammenbringen. Ich nehme mal an, dass sie sich eher sowas denken wie: "Ermöglichen wir den Usern jede Menge neuen Content zu erstellen" oder auch nur "lasst uns coole Demos abliefern".

derStandard.at: Auf der diesjährigen GUADEC waren immer wieder Stimmen zu hören, die das Fehlen einer gemeinsamen, konsistenten Ausrichtung des GNOME-Projekts kritisiert haben, sehen sie das auch so?

Havoc Pennington: Ja, da ist schon etwas Wahres daran. Aber das ist sicher kein grundlegendes Problem der Community, das sich nicht mehr ändern lässt. Die Realität ist halt auch, dass sich nicht einfach jeden Tag grundlegend neue Wege auftun. Und immerhin: Jetzt ist der Vorschlag für den Online-Desktop auf dem Tisch, es gibt das One Laptop per Child-Projekt und dann noch den Bereich mobile Devices. Das sind doch schon mal drei vielversprechende Gelegenheiten für die Zukunft.

derStandard.at: Wir danken für das Gespräch.

(Andreas Proschofsky)