Eine benebelte Tapisserie im Schlossgelände von Schönbrunn

Hilde Neugebauer betreibt die Aerosolanlage

Foto: Regine Hendrich

Wasserproben von den verschiedenen Stadien des Reinigungsvorganges.

Foto: Regine Hendrich
Wien – "Ist das dort, wo sie die Tapire waschen?" Nein, ist es natürlich nicht. Schönbrunn besteht nicht nur aus dem Tiergarten – und eine "Tapisserie-Waschanlage" ist nichts für Tiere. Sondern vielmehr eine höchst aufwändige und ausgeklügelte Einrichtung für edelstes Bildwirkwerk.

Seit fast 30 Jahren im Geschäft

Hilde Neugebauer ist seit 1979 als Textilrestauratorin tätig. Die Reinigung historischer Textilien führte sie mit der bisher üblichen Methode durch – mit einer Nassreinigung in der Wanne. "Da hat sich aber unter den Textilien immer der Schmutz gesammelt, die lagen sozusagen im eigenen Saft – aber waren nass so schwer, dass man sie unmöglich aufheben konnte", schildert Neugebauer die Nachteile früherer Waschungen. Außerdem bestand stets die Gefahr, dass die Farben dann beim Trocknen "ausbluteten", also ausliefen. Bis Neugebauer im Jahr 2002 mit einer heiklen Tapisserie nach Belgien fuhr – und dort die bis dahin einzige "Aerosolreinigungsanlage" Europas sah. "Da dachte ich mir: So etwas sollten wir doch eigentlich auch haben."

Fünf Jahre später hat sie es geschafft – diesen Februar wurde im Schönbrunner Schlossareal die erste Tapisserie in der noch moderneren und deutlich größeren Reinigungsanlage gesäubert. Das System ist wahrlich höchst ausgeklügelt: Die Teppiche, Tapisserien oder andere großformatige Textilien werden in dem 8 mal 5,40 Meter großen Glaskasten auf ein engmaschiges Edelstahlsieb und eine zusätzlich schützende Matte gelegt.

Unterdruck

Unterhalb des Siebes befindet sich eine Kammer, in der mit einem Absaugventilator ein gleichmäßiger Unterdruck erzeugt wird. Dann wird oben über Aerosoldüsen gleichmäßig 22 Grad warmer Nebel eingesprüht – der durch den Unterdruck durch die Textilie gesaugt wird. Nach einer Stunde werden Tenside mitgesprüht: Der Schmutz löst sich vom Gewebe und wird mit dem Nebel abgesaugt.

Zum Trocknen der Textilien werden dann Tücher auf das Gewebe gelegt, die durch den entstehenden Druck die Feuchtigkeit aufnehmen. Erst danach folgt die Lufttrocknung in der Anlage.

Nach dieser Reinigung kann dann Neugebauer bei Bedarf mit der Restaurierung der Textilien in ihrem Atelier beginnen. Die Errichtung dieser Anlage auf dem Schlossgelände wurde in Kooperation mit der Schönbrunner Kultur- und Betriebsgesellschaft verwirklicht, bei der sich Neugebauer eingemietet hat. Ihre Investition von rund 70.000 Euro macht sich jedenfalls schon bezahlt.

Großputz für den Papst

So wurde unter anderem der komplette Tapisserie-Zyklus aus dem Schönbrunner Napoleonzimmer mit großem Erfolg gereinigt. Oder auch die "Josefslegende" – eine Tapisserie des Stiftes Garsten aus dem 18. Jahrhundert. Aber auch die Teppiche aus der Stiftskirche von Heiligenkreuz wurden erfolgreich benebelt – auf dass sie für den Papstbesuch ordentlich herausgeputzt seien, falls der Heilige Vater gedenkt, auf ihnen zu wandeln. Schon stehen die nächsten Aufträge ins Glashaus – unter anderem einer vom Bayerischen Nationalmuseum. Da dafür ein ganz bestimmter Leitwert des Wassers gefordert wird – wird die Anlage selbstverständlich entsprechend aufgerüstet. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD Printausgabe, 28./29.7.2007)