"Unsere Zukunft – eben auch die ästhetische, das Abbild also – wird vom Heute gespeist", betonte etwa Jürgen Flimm in der Eröffnungsrede seiner ersten Saison als Intendant der Festspiele. Und ermahnte die Zeitgenossen, unter dem Druck der künstlerischen Tradition, zumal im Bereich der Musik – "Wir wissen ja: Das Neue hatte es immer schwer, das Bekannte gibt uns Schutz. Selten sind wir wie heute von Altem so überflutet worden" – "klug" zu "sein, dass uns die Gegenwart nicht abhanden kommt". Verschlösse man Augen und Ohren für die Gegenwart, drohe die Vergreisung – und wir "sitzen zahnlos in alten Sälen und muffeln vor uns hin".
Ähnliche Töne fand auch Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) in ihrer Rede. "Die Verantwortung für die künftige Generation" nannte sie als Pflicht der demokratischen Gesellschaft, auf der es heute zu beharren gälte: "Für die heutigen und kommenden Herausforderungen investieren wir zu wenig Geld und Mut. Noch haben wir Zeit, die Dunkelheit in unserer Gesellschaft durch eine Fackel für mehr Bildung und Kultur zu beseitigen."
Daher rief sie die Politik auf, ihren Gestaltungsauftrag wahrzunehmen. Man dürfe die Gestaltung der Veränderung nicht den Marktkräften überlassen. Die Sonne der Vernunft treffe leider immer wieder auch auf hohe scheinbar unüberwindbare Mauern des Beharrens, aufgebaut von Menschen, die nicht bereit seien, über ihre eigenen Interessen hinauszudenken.
"Ich werde in meinen Bemühungen beharrlich darin bleiben, diese Mauern – im Sinne der Kultur und der Bildung unseres Landes – zu überwinden", gelobte die Kulturministerin in einer bei Sarastros Priesterchor entlehnten Feierlichkeit.
Lehren und Schüler
Europäisches Geschichtsbewusstsein schließlich mahnte Bundespräsident Heinz Fischer in seiner Rede ein und die Verantwortung aller europäischen Staaten "für Menschenrechte und für das über Jahrhunderte entwickelte europäische Menschenbild", "aber auch Verantwortung gegen jede Form von Fremdenfeindlichkeit". Achtzig Jahre nach Hugo von Hofmannsthals Befassung mit der "Idee Europa" und über fünfzig Jahre nach der Unterzeichnung der Römischen Verträge sah Fischer aber durchaus Grund für einen gewissen Geschichtsoptimismus. Der berühmte Satz, wonach die Geschichte lehre, aber keine Schüler finde, zeige zwar eine Gefahr auf, definiere aber kein unentrinnbares Schicksal.