Warschau - Die polnische Bauernpartei Samoobrona (Selbstverteidigung) hat wieder zwei ihrer Abgeordneten verloren. Der Geschichts-Wissenschaftler Miroslaw Krajewski und Waldemar Nowakowski, der Besitzer einer Einzelhandelskette, erklärten am Dienstag ihren Austritt aus Partei und Fraktion. Grund für diesen Schritt dürfte Kritik am Samoobrona-Vorsitzenden Andrzej Lepper sein. Die Fraktion hat damit noch 44 Abgeordnete, nach der Wahl im Herbst 2005 waren es 56 gewesen.

Persönliche Gründe für Ausscheiden

Die beiden Abgeordneten äußerten sich kaum zu ihrem Schritt. Von "ausschließlich persönlichen" Gründen sprach Krajewski vor Journalisten. "Die meisten in der Samoobrona wollen nicht gemeinsam mit Lepper untergehen", kommentierte der Europa-Abgeordnete Ryszard Czarnecki am Mittwoch in einem Radiointerview das Ereignis. Czarnecki wurde vor einer Woche aus der Samoobrona ausgeschlossen. Seiner Einschätzung nach hat die Partei mit den beiden Abgeordneten ihren "intellektuellen Flügel" verloren.

Lepper, der vor zwei Wochen wegen Korruptionsverdachts aus der Regierung entlassen wurde, soll vor allem in der Samoobrona-Fraktion sehr umstritten sein. Polnische Medien berichteten, Lepper habe die Regierungskoalition mit der rechtskonservativen PiS (Recht und Gerechtigkeit) und der national-katholischen LPR (Liga polnischer Familien) schon kurz nach seiner Entlassung beenden wollen. Die Abgeordneten hätten sich jedoch dagegen ausgesprochen.

Gemeinsame Partei mit LPR

Auch mit dem Beschluss, eine gemeinsame Partei mit der LPR zu gründen, sind viele in der Samoobrona nicht einverstanden. Schließlich ist es vor allem die LPR, die in den Umfragen seit Monaten unter der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament liegt. Das Projekt der neuen Partei "LiS" hatte Lepper gemeinsam mit dem LPR-Vorsitzenden und Bildungsminister Roman Giertych forciert.

Wechsel hält Mitglieder

Deshalb werden die Stimmen lauter, dass die Fraktion der Samoobrona bald ganz zerfalle. "Bis zur nächsten Parlamentssitzung gehen noch acht bis zehn Personen", sagte der ehemalige Samoobrona-Abgeordnete Alfred Budner der Zeitung "Gazeta Wyborcza". Nach Aussage von Czarnecki würden viele nur durch die Wechsel gehalten, die sie bei der Aufnahme in die Wahlliste zugunsten der Partei unterschreiben mussten - für den Fall eines Fraktionsaustrittes. Juristen gehen davon aus, dass diese Wechsel rechtswidrig und daher nichtig sind. Geklärt ist diese Frage jedoch nicht.

Ein Zerfall der Samoobrona-Fraktion könnte Beobachtern zufolge die polnische Mitte-Rechts-Regierung, die seit Wochen in einer Krise steckt, retten. Denn die abtrünnigen Abgeordneten dürften entweder der PiS beitreten oder zumindest die Regierung unterstützen, so die Erwartung. (APA)