Cécilia Sarkozy sei "sehr bewegt" gewesen, berichteten französische Journalisten, die gestern in Scharen in die bulgarische Hauptstadt gereist waren. Die energische, leicht mysteriöse Gattin des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy hielt sich in Sofia im Hintergrund und flog kurz darauf zurück nach Paris. Dort entbrannte eine Debatte um die genaue Mission der groß gewachsenen First Lady.

Die französische Linke kritisierte ihre Mission schon am Montag als "untransparent". Der Sozialist Benoît Hamon meinte, der konservative Präsident wolle "der EU den Erfolg stibitzen, damit sich Madame Sarkozy im Aufgabenfeld der Republik austoben kann". In seinem Bemühen, alles für sich zu vereinnahmen, spiele Sarkozy auf "human touch" und vermische humanitäre, diplomatische und innenpolitische Funktionen, wenn er seine eigene Ehefrau nach Nordafrika schicke.

Auf jeden Fall ist der französische Außenminister Bernard Kouchner bei den jüngsten Kontakten mit Libyen völlig übergangen worden. Sarkozy telefonierte selbst mit Cécilia und verhandelte per Handy auch mit Gaddafi; noch am Montag entfernte er sich zwanzig Minuten lang von einem Mittagessen mit dem französischen Rugby-Nationalteam, um via Dolmetscher direkt mit dem libyschen Revolutionsführer die Details der Freilassung abzumachen.

Organisiert wurde auch ein offizieller Besuch Sarkozys in Libyen. In einer Pressekonferenz in Paris erklärte Sarkozy, er wolle "helfen, Libyen wieder in die Gemeinschaft der Nationen einzugliedern".

Dies war offenbar der diplomatische Preis für die Freilassung. Er fiel Sarkozy nicht gerade schwer, denn Frankreich bemüht sich seit Längerem, wieder mit Gaddafi ins Geschäft zu kommen. Dabei geht es in erster Linie um Erdöl. Der französische Konzern Total sucht wieder in Libyen Fuß zu fassen, nachdem er bisher amerikanischen und italienischen Konkurrenten den Vortritt lassen musste. Zwischen Paris und Tripoli waren die Beziehungen seit dem Terroranschlag auf ein französisches Zivilflugzeug der Gesellschaft UTA von 1989 gespannt. Noch 2003 tat Frankreich alles, um die Aufhebung der UNO-Sanktionen gegen Libyen zu verhindern. Sarkozy benutzt nun die Gelegenheit, die einstmals "privilegierten Beziehungen" zwischen Frankreich und Libyen wieder aufzuwärmen.

Bei seinem Besuch in Libyen wird Sarkozy jedenfalls das Scheckheft zücken. Offiziell wird dabei kein Bezug zur Freilassung der Krankenschwestern hergestellt werden. Die Libyer verlangten in den letzten Tagen unverhohlen eine Finanzhilfe für den Bau einer Autobahn quer durchs Land und eine neue Eisenbahnlinie. (Stefan Brändle/DER STANDARD, Printausgabe, 25.7.2007)