Ohren auf für eine Uraufführung von Wolfgang Muthspiel in der Stiftskirche Zwettl.

Foto: Ferrigato
Damals entstand das auf Material Records veröffentlichte Projekt Bearing Fruit, eine Bearbeitung gregorianischer Mönchsgesänge aus einem Zwettler Antiphonarium des 12. Jahrhunderts, die der Jazzgitarrist in ein Kammermusik-Setting mit Improvisationsfreiräumen einfasste.

Nun, bevor Wolfgang Muthspiel am Mittwoch im Rahmen des Kremser "Glatt & Verkehrt"-Festivals auf den New Yorker Instrumentalkollegen und trashigen Antipoden Marc Ribot trifft, steht ein Werk zur Uraufführung an, das - in Gestalt eines Kompositionsauftrags des hiesigen Internationalen Orgelfests - auch offiziell in Zwettl angeregt wurde. Und das anstatt musikalischer Vorgaben aus dem Mittelalter zentrale geistliche Texte aus jener - und früherer - Zeit fokussiert.

"Das Wort ist der thematische Ausgangspunkt der Komposition", so Muthspiel über seine Arbeit. Sie trägt den Titel Logos. "Am Beginn des Johannesevangeliums ist das Wort Gott. Der Koran wiederum ist Wort gewordene Mitteilung Gottes. Der Klang des Wortes ist schon Musik, in seiner Schwingung, seinem Rhythmus ist es ganz Mitteilung, noch bevor sein Sinn verstanden wird. Von hier ist es ein nahe liegender Schritt zur Komposition." Muthspiel vertonte neben Bibel- und Korantexten auch solche von Meister Ekkehard und der im 8. Jahrhundert wirkenden arabischen Mystikerin Rabi'a al-Adawiyya.

Ihnen verleiht der 42-Jährige durch Rebekka Bakken und Dhafer Youssef reizvoll kontrastierende, Folk-Pop- bzw. Sufi-beeinflusste Stimmen, während Markus Stockhausen (Trompete, Elektronik), Tara Bouman (Bassklarinette) und Muthspiel selbst Wort-Klang und Wort-Inhalt mit rein sonischen Mitteln zu verbinden suchen. Ohren auf für eine Komposition zum gewiss nicht risikolosen Thema des Einsseins mit sich selbst durch das Einssein mit einer intuitiv erlebten transzendenten Instanz. (felb, DER STANDARD/Printausgabe, 21./22.07.2007)