Die wirtschaftspolitische Diskussion über regionale Steuerhoheit wird in Österreich mehr durch Vorurteile als durch harte Fakten dominiert. Ihre Gegner erwarten gravierende negative Folgen: von "Steuerwildwuchs" bis hin zu einem ruinösen Steuerwettbewerb zwischen den Ländern. Als abschreckendes Beispiel dient dabei häufig der Österreich recht ähnliche Föderalstaat Schweiz.
Dort haben die (den österreichischen Bundesländern vergleichbaren) Kantone weitgehende eigenständige Besteuerungsrechte auch bezüglich der großen direkten Steuern - also Einkommen- und Unternehmenssteuer: Was in der Tat mit einer Ausdifferenzierung der kantonalen Steuerregelungen sowie einem Ausmaß an interkantonaler Konkurrenz einhergeht, das nicht zu dem im Großen und Ganzen bewährten österreichischen Modell eines kooperativen Föderalismus passen würde.
Breites Spektrum
Allerdings existiert, wie ein Blick auf das europäische Umfeld bestätigt, eine große Bandbreite bezüglich des Ausmaßes der regionalen Steuerhoheit. Am einen Ende des Spektrums steht das Modell Schweiz mit seinem sehr kompetitiven Föderalismus: Hier kommt der mittleren Staatsebene im Vergleich der europäischen Föderalstaaten der größte Grad an Steuerautonomie zu. Österreich befindet sich am anderen Ende; die Länder haben überhaupt keine bedeutende eigene Steuer und damit faktisch keine Steuerhoheit. Dementsprechend bilden eigene Steuereinnahmen lediglich zwei Prozent der Ländereinnahmen.
Das Band zwischen Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung, das in Österreich insbesondere auf der Bundesländerebene sehr lose ist, könnte jedoch schon durch ein weit geringeres Ausmaß an Steuerautonomie gestärkt werden, als es den Schweizer Kantonen zugestanden wird: nämlich durch die Übertragung bisheriger Bundesabgaben an die Länder als eigene Steuern, mit bundesweit einheitlichen Regelungen.