"Stellt sich selbst ins Zentrum des Interesses." Für "heute" ist Kampusch längst ein Promi wie Lugner & Co.

Die Story sei, erklärt Richard Schmitt, dezent (siehe Blattsalat ) Name und Gesicht des Mannes würden nicht genannt oder gezeigt. "Wie", fragte der Chefredakteur der U-Bahn-Zeitung heute Montagvormittag, "käme der dazu? Der ist ja keine Person öffentlichen Interesses." Denn das Recht auf Privatsphäre, so der heute-Chef, nehme er ernst. Auch auf den ViP-Seiten. Auch, wenn dort sonst nix los sei. "Wir haben lang überlegt, ob wir diese Partyfotos von Natascha Kampusch bringen. Für uns spricht da nichts dagegen."

Am Montag hatte Schmitt in der Gratiszeitung mit einem Tabu gebrochen, das bisher sogar Österreich nicht antastete: Kampuschs Wunsch, keine Privatfotos ohne ihre ausdrückliche Zustimmung veröffentlicht zu sehen nämlich. Ein Wunsch, den die jahrelang eingekerkerte Frau bei Bedarf auch mit anwaltlichem Nachdruck artikuliert.

Dennoch schaffte es Kampuschs Bild am Montag bei Schmitt aufs Cover und dreimal ins Society-Eck: Die 19-Jährige war in der "Passage" von einem nicht genannten Paparazzo tanzend und - augenscheinlich - knutschend "abgeschossen" worden. Auf der Tanzfläche, vermutlich per Handycam.

In Promidiscos und (ergo) Paparazzojagdrevieren nicht überraschend, meint Schmitt: "Jemand, der so viele TV-Interviews gibt, muss dort damit rechnen, gesehen, erkannt und fotografiert zu werden." Darum dürfe sich Frau Kampusch auch nicht an der Veröffentlichung stoßen: "Sie verhandelt gerade mit Zeitungen über lukrative Sommerstories. Heißt das, dass man nur für teures Geld über jemanden berichten darf, der sich selbst ins Zentrum des öffentlichen Interesses stellt?" Und wenn Lugners, Politik oder Sport die Bilder nicht selbst aussuchen dürften, wäre es "seltsam" (Schmitt), Frau Kampusch dieses Recht einzuräumen. "Noch dazu bei so einer netten Geschichte."

Freilich: Was "nett" ist, ist subjektiv. Und kann sich von Anlass zu Anlass (und von Medium zu Medium) ändern: Als Beispiel dafür verweist Standard-Anwältin Maria Windhager auf öffentliche Poussierereien von Karl-Heinz Grasser und Fiona Swarovski. Auch die beiden verblüfften - oft erfolgreich - mit ihrer persönlich-individuellen Grenzziehung zwischen "privat" und "nett".

Nebenbei: Kampuschs "nette" Geschichte brachte auch Österreich. Zwar nur - man weiß wieso - mit altem Foto, dafür mit der Identität des Galans: Es soll sich laut der Zeitung um den Sohn von Gabriel Lansky handeln, was die Sache pikant machen würde: Lansky ist Kampuschs Anwalt. Auch in Fragen von Persönlichkeits- und Bildrechten. Lansky - und damit auch Natascha Kampusch - war Montag nicht erreichbar. (Thomas Rottenberg/DER STANDARD-Printausgabe, 17.7.2007)