Ein Kirchenraum voller Gefühle: Kurt Azesberger als Hiob.

Foto: Neumüller

Villach – Wegen baulicher Maßnahmen in Ossiach fand die diesjährige Eröffnung des Carinthischen Sommers im Villacher Kongresscenter statt. Intendant Daniel Schlee prangerte in seiner Rede das "Diktat des Massenkonsums" scharf an, Mauricio Kagels von Militärmusik und Sprecher Klaus Fischer blendend in Szene gesetzter Der Tribun kokettierte mit aktuellen politischen Bezugspersonen.

Völlig im Gegensatz zu solch gesellschaftskritischen Ansprüchen durften Fanfare Ciocarlia mit ohrenbetäubendem Getöse durch den Konzertsaal dröhnen. Sie bliesen ihre musikalischen Mitstreiter, Kaloome, ein Flamenco-Ensemble, das nuancierte Töne präferierte, gnadenlos von der Bühne. Wahrlich "entfesselte Blechmusik vom Balkan"! (Zitat) Dass des Intendanten persönliche Vorlieben eher subtileren Klängen vorbehalten sind, bewies der Komponist Thomas Daniel Schlee mit der Uraufführung des zentralen Werkes des diesjährigen Festivals in der Stiftskirche Ossiach, seiner Kirchenoper Ich, Hiob.

Tenor, Sopran und sieben Instrumentalisten verleihen der biblischen Geschichte des schwer Geprüften, letztlich seinem Glauben und Gott treu ergeben Bleibenden eine ungeheuer dichte, schlüssige Aufarbeitung. Die musikalische Umsetzung des Textes von Christian Martin Fuchs vermittelt die tiefe Intimität der mit ihrer menschlichen Erfahrung reifenden Symbolfigur in vielfältigen Schattierungen.

Zum Werkstil: In der Komposition Thomas Daniel Schlees finden sich freitonale Passagen, die mühelos zu fast barocker Mehrstimmigkeit überleiten; Ostinatofiguren, eine Chaconne und eine Fuge führen zu markanter, durchaus Identität stiftender Textausdeutung (betörend etwa das finale Duett).

Gute Interpreten: Kurt Azesberger (als Hiob) fesselt mit seinem extrem wandlungsfähigen Tenor, seine "Dialoge" mit Cello bzw. Trompete führt er mit äußerster, fast unerbittlicher Konzentration. Ursula Langmayr (als Engel) brilliert als ebenso stimmgewaltiger wie intonationssicherer Sopran. Beide Sänger entsprechen sowohl stimmlich als auch darstellerisch der strukturellen Klarheit der "Sacra Conversatio". Unterstützt werden sie dabei von einem versierten und hoch motivierten Instrumentalensemble. Die szenische Umsetzung (Regie: Mascha Pörzgen) passt sich behutsam den räumlichen Gegebenheiten der Stiftskirche an. (Bernhard Bayer, DER STANDARD/Printausgabe, 17.07.2007)