Warschau - Die polnischen Katholiken liefern sich eine
Wortschlacht um den Direktor des umstrittenen Senders Radio Maryja,
Tadeusz Rydzyk. Vertreter des liberalen Flügels rufen den
Redemptoristen-Orden auf, den Geistlichen Rydzyk von seinem Amt
abzuberufen. Der nationalkatholische Flügel ist dagegen. Vergangene
Woche hatte das Nachrichtenmagazin "Wprost" Mitschnitte einer Rede
Rydzyks vor Studenten veröffentlicht, in denen der Pater das
Präsidenten-Ehepaar schwer beleidigte und sich dabei antisemitischer
Rhetorik bediente.
"Das ist ein Versuch, Radio Maryja zu zerstören - die wichtigste
Enklave der Meinungsfreiheit in Polen", heißt es in einem offenen
Brief der Verteidiger Rydzyks an den Leiter des Redemptoristen-Ordens
in Rom. Er war am Wochenende veröffentlicht worden. Die Diskussion
sei nur eine "verbissene Hass-Kampagne" von "Liberalen, die der
Kirche faktisch gleichgültig gegenüberstehen". Den Brief
unterzeichneten Geistliche, die in Radio Maryja publizieren, sowie
Politiker, darunter die EU-Abgeordnete Urszula Krupa der
nationalkatholischen LPR.
Zuvor hatten liberale Katholiken in einem Appell an die Kirche
ihren "moralischen Protest" gegen die Rede von Pater Rydzyk
ausgedrückt - unter ihnen Ex-Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki und
Ex-Außenminister Wladyslaw Bartoszewski. Die Kirche solle "alles tun,
was in ihrer Macht steht, damit die öffentlichen Auftritte von
Tadeusz Rydzyk in Zukunft nicht mehr die offizielle Lehre der Kirche
in Frage stellt", heißt es in dem Appell.
Damit waren vor allem die antisemitischen Äußerungen angesprochen.
Rydzyk hatte in seiner Rede dem Präsidenten vorgeworfen, er sei "der
jüdischen Lobby ergeben". Außerdem warf er den Journalisten der
Zeitung "Gazeta Wyborcza" eine "talmudische Mentalität" vor.
Antisemitische Positionen wurden in Radio Maryja schon früher
vertreten, aber bisher nicht von Direktor Rydzyk selbst. Die
Staatsanwaltschaft in Torun analysiert derzeit die Tonbandaufnahmen
der Rede, hat aber noch keine Ermittlungen eingeleitet. (APA)