Für Gerlinde Kaltenbrunner gab es am Donnerstag ein Wiedersehen mit dem Broad Peak. Die oberösterreichische Alpinistin erklomm die Spitze des 8047 Meter hohen Berges im Karakorum und holte damit jenen Gipfelsieg nach, der ihr vor 13 Jahren verwehrt geblieben war. 1994 war die damals 23-Jährige wegen Schlechtwetters "nur" bis zum Vorgipfel auf 8027 Meter Höhe gekommen. Ein Erfolg war es damals wie heute: War Kaltenbrunner 1994 erstmals in die "magische" Höhe von 8000 Meter eingedrungen, so feierte sie nun die Besteigung ihres zehnten Achttausenders. Nummer elf soll in wenigen Tagen der K2 (8611 m) werden.

Vier Achttausender fehlen noch

Kaltenbrunner gilt als erfolgreichste Bergsteigerin der Welt. Alpinismus-ExpertInnen trauen ihr ohne weiteres zu, als erste Frau alle 14 Achttausender zu besteigen. Vier fehlen der gelernten Krankenschwester noch, darunter drei der vier höchsten: der Mount Everest (8848 m), der K2 (8611 m) und der Lhotse (8516 m). Den wohl schwierigsten Berg der Erde, den K2, nimmt die 36-Jährige kommende Woche in Angriff. "Das ist steile Kletterei bis zum Gipfel rauf", weiß die Alpinistin, die zusammen mit Ehemann Ralf Dujmovits hinauf will.

Der vierte Berg, der Kaltenbrunner noch fehlt, ist der Dhaulagiri (8167 m), wo sie heuer im Mai ihre schlimmsten Momente erlebt hatte. Denn das Unternehmen hätte sie beinahe mit ihrem Leben bezahlt. Ein Lawinen-Abgang verschüttete ihr Zelt. Während sich die Oberösterreicherin aus eigener Kraft ausgraben konnte, starben zwei spanische Bergkameraden. Ihre Einstellung hat sich dadurch nicht verändert: "Die Berge bleiben meine Liebe", sagte sie kurz darauf in einem APA-Interview.

Schon immer hoch hinaus

Ihre Liebe zur Bergwelt entdeckte Kaltenbrunner, die am 13. Dezember 1970 geboren wurde und in Spital am Pyhrn aufwuchs, bereits in jungen Jahren. Ging es zunächst unter der Anleitung ihres Gemeindepfarrers Erich Tischler auf die nah gelegenen Hügel, so war die junge Gerlinde bald der Faszination Klettern erlegen. Während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester nutzte Kaltenbrunner jede Gelegenheit, durch Eis und Schnee auf Berge zu kraxeln und ihre Technik zu verbessern.

Mit der Besteigung des Broad Peak-Vorgipfels ging ihr Traum, einen Achttausender zu besteigen, frühzeitig in Erfüllung. Damit war der Bann gebrochen. Von nun an steckte Kaltenbrunner ihr ganzes Krankenschwester-Gehalt in alpinistische Expeditionen. Nach dem Aufstieg auf den Nanga Parbat (8126 m) im Jahr 2003 verschrieb sich die "Oberösterreicherin des Jahres 2005" endgültig dem Profibergsteigen. Dabei wird sie nicht müde zu betonen, dass ihre Leidenschaft nicht allein den hohen Bergen gilt, sondern auch den dortigen Menschen sowie deren Religion und Kultur.

"Sehe darin keinen Wettkampf"

Immer wieder erklärt die 36-Jährige auch, dass ihr das Rennen mit anderen Bergsteigerinnen um die 14 Achttausender nicht so wichtig sei. "Ich halte das total fern von mir, weil ich da einfach keinen Wettkampf sehe", so Kaltenbrunner. Das bewies sie auch im Mai 2005, als sie gemeinsam mit Dujmovits und dem Japaner Hirotaka Takeuchi den Everest besteigen wollte. Auf 7650 Metern erlitt der Asiate ein Gehirnödem. Kaltenbrunner zögerte keine Sekunde, brach die Expedition ab und rettete Takeuchi das Leben. Später sagte sie: "Am Everest umkehren zu müssen, um einem Freund das Leben zu retten, macht uns nochmals unendlich reicher." (APA)