Radiostationen in den USA versuchen das Problem der Musikpiraterie in einen eigenen Vorteil umzuwandeln. Das zu Clear Channel gehörende Unternehmen Premiere Radio Networks und andere Marketingfirmen haben damit angefangen, Informationen über die populärsten Downloads auf illegalen Plattformen zur erheben und an Sender weiter zu verkaufen. Die Radiostationen beobachten dann anhand der Infos, welche Songs und Alben am häufigsten über die Downloadportale ausgetauscht werden, berichtet das Wall Street Journal. Danach gestalten sie auch ihr eigenes Programm und hoffen so, genau den Nerv der Hörer zu treffen und ihr Publikum zu erweitern. Das wiederum würde sich dann positiv auf das Werbegeschäft und damit auf die Einnahmen der Sender auswirken.

"In erster Linie telefonisch"

"Wir betreiben natürlich auch Research. Aber das geschieht in erster Linie telefonisch. Wir befragen unsere Nutzer, was gerne gehört wird", sagt Ulrich Köring, Unterhaltungschef des Privatradios 88,6. Natürlich seien Downloadzahlen auch interessant, allerdings sei es dabei schwer zu sagen, wer welche Musik hört. "Meist laden sich vor allem die Jüngeren sehr viel von Plattformen herunter. Da kann es leicht passieren, dass die Daten dann für die Zielgruppe des Radiosenders nicht repräsentativ sind", meint Köring.

Zum Wohle derPlattenfirmen

In den USA gehen die Vermarkter von Download-Informationen indes sogar davon aus, dass ihre Dienste auch den Plattenfirmen dienlich sein könnten. Immerhin sei das Spielen von Songs im Radio immer noch der wichtigste Einfluss auf die Verkaufszahlen. Für viele klingt es dennoch beinahe ironisch, dass sich ausgerechnet gestohlene Musik auf das legale Geschäft positiv auswirken soll. Im vergangenen Jahr sind in den USA die Musikverkäufe erneut um sieben Prozent zurückgegangen, davor 2005 um drei Prozent. Es könne allerdings keine Lösung sein, das illegale Filesharing einfach zu ignorieren, argumentiert etwa BigChampagne LLC, ein weiterer US-Download-Vermarkter. Das Unternehmen nutzt zudem nicht nur die Informationen von illegalen Plattformen, sondern lässt auch Daten von legalen Portalen wie iTunes in seine Recherchen einfließen.

Die junge Zielgruppe

"Das Medium Radio hat generell ein Problem mit der ganz jungen Zielgruppe bis etwa 25 Jahre. Dafür gibt es viele Ursachen, unter anderem auch das Herunterladen von MP3s. Insgesamt geht die Radionutzung allerdings nicht zurück", sagt Köring gegenüber pressetext. Man müsse die Entwicklung aber länger verfolgen, um zu sehen, wie sich die junge Zielgruppe entwickelt. "Ich glaube, es kann auch ein gutes Nebeneinander von Radio und Internet geben", zeigt sich der Unterhaltungschef optimistisch. Einen akuten Hörerschwund habe es bei 88,6 bislang jedenfalls nicht gegeben.(pte)