Die Österreich-Karte spielte Peter Löscher, Neo-Konzernchef des deutschen Elektromultis Siemens, bei seinem Antrittsbesuch am Mittwoch in Wien aus. Als gebürtiger Villacher (der seine gesamte Berufslaufbahn im Ausland verbrachte, unter anderem bei Siemens-Erzfeind General Electric) sei er mit Siemens aufgewachsen und besonders stolz auf das einträgliche Österreich-Geschäft.

Immer hervorragend

„Siemens Österreich war immer hervorragend aufgestellt“, sagte Löscher in einem halbstündigen Pressegespräch. Der Tradition der Siemens-Gründer, Wien als Tor zum Osten zu nützen, will er treu bleiben. Ob die österreichischen Siemensianer ihren Aktionsradius über Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Serbien, Rumänien und die Slowakei hinaus um zusätzliche Regionalverantwortung vergrößern dürfen, sei noch nicht thematisiert worden. Er werde allfällige Veränderungen im Konzern dem Aufsichtsrat nach hundert Tagen vorlegen. Der Druck, die unübersichtliche Matrix-Struktur aus zehn Sparten und zig Regionalgesellschaften zu straffen, und Führungsebenen abzuschaffen, ist freilich groß. Dass die Zusammenlegung verwandter Sparten und eine Verkleinerung des Zentralvorstands in München ausgemachte Sache sei, stellte Löscher in Abrede.

Übersicht

Wiewohl die Siemens-Struktur auch im kleinen Österreich nicht gerade übersichtlich ist – die Teilgesellschaften berichten je nach Geschäftszweig nach München, Erlangen oder Wien _– gab sich auch Siemens-Österreich-Chefin Brigitte Ederer zu einer allfälligen Strukturreform bei einem der größten industriellen Arbeitgeber des Landes bedeckt. Sie hat derzeit genug damit zu tun, das mit den Verkauf der Telekom-Sparte an Nokia weggebrochene Umsatz-Viertel durch das mit der VA Tech verstärkte Industriegeschäft zu kompensieren. „Noch gelingt uns das nicht“, räumte Ederer ein, „aber in ein bis zwei Jahren ist es so weit.“

Gewachsen

So bleiben, wie es über Jahrzehnte gewachsen ist, dürfte die verzweigte Organisation nicht. Ehe er die Wachstumsmärkte China, Indien und Russland besucht, will sich Löscher alles anschauen und mit dem Österreich-Vorstand Gespräche führen. Apropos Vorstand: Der dürfte demnächst weiter verkleinert werden. Wie der _Standard aus Siemens-Aufsichtsratskreisen erfuhr, wird der nach einem kurzen Gastspiel bei Nokia Siemens Networks in die Chefetage in der Wiener Siemensstraße zurückgekehrte Ex-Finanzvorstand Peter Schönhofer auch hier nur ein kurzes Gastspiel geben. Schönhofers Vertrag läuft noch fast drei Jahre.

Wachstum

An dem von seinem Vorgänger Klaus Kleinfeld eingeschlagenen Wachstumskurs will Löscher festhalten. Schwerpunkte sind Führungskultur und Aufklärung der Korruptionsskandale, Portfolio-Fokussierung auf Energie, Verkehr, Wasser sowie Expansion und Forschung. (ung, DER STANDARD Printausgabe, 12. Juli 2007)