Sofia - Mit einer Bestätigung des Todesurteils am Mittwoch durch das libysche Höchstgericht für fünf bulgarische Krankenschwestern und einen palästinensischen Arzt wegen angeblich absichtlicher HIV-Infektionen hat der bulgarische Staatspräsident Georgi Parwanow offenbar gerechnet. "Wir müssen jetzt abwarten und fordern eine rasche Zusammenkunft und eine ebenso rasche letztinstanzliche Entscheidung des Obersten Justizrates von Libyen."

Politische Entscheidung erwartet

Die Entscheidung des libyschen Höchstgerichts kam auch für Premier Sergej Stanischew nicht unerwartet. Er rechnet mit einer politischen Lösung nach dem formellen Termin des Obersten Justizrates am kommenden Montag.

Nicht einen juristischen, sondern einen "politischen Gerichtsprozess" ortete auch Ex-Außenminister Solomon Passi: "Die Entscheidung des Höchstgerichts soll uns nicht weiter überraschen. Es ist klar, dass es sich um einen politischen Gerichtsprozess handelt und dass die Urteile bestätigt wurden; nicht damit sie dann auch vollzogen werden, sondern damit weiter politisch darüber verhandelt werden kann." Seiner Meinung nach wird die endgültige Entscheidung schließlich nicht vom Obersten Justizsrat, sondern vom libyschen Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi persönlich getroffen werden.

Wirtschaftsembargo gegen Libyen

Wesentlich polemischer reagierte Nationalistenführer Wolen Siderow von der Partei "Ataka": "Wir haben es schon bei den ersten Todesurteilen gesagt, was wir in Bulgarien tun sollten: Wir sollten im Gegenzug fünf oder sechs Libyer in Bulgarien festnehmen. Bulgarien hätte schon längst ein Wirtschaftsembargo gegen Libyen verhängen sollen, auch die EU hätte dies tun sollen. Dies sei die einzige Art und Weise mit Gaddafi zu verhandeln."

Der oppositionelle Abgeordnete und Ex-EU-Abgeordnete Konstantin Dimitrow meinte, die Bestätigung des Todesurteils sei eine Fortsetzung der "libyschen Erpressung", deren Ende unklar sei.

Optimistisch gab sich der stellvertretende Vorsitzende des bulgarischen Parlaments, Junal Luetfi. Er rechnet mit der Rückkehr der Bulgarinnen in ihre Heimat in "zwei bis drei Monaten". Auch Oberstaatsanwalt Boriss Weltschew sah Positives: Nach der Entscheidung vom Mittwoch sei der Weg für eine politische Lösung geebnet. (APA)