Wien - Zweifel an dem immer wieder kritisierten "Mangel an
Naturwissenschaftern" in Europa äußerten Experten am Rande des noch
bis Donnerstag stattfindenden Kongresses der Federation of European
Biochemical Societies "FEBS2007". Karl Kuchler von den Max F. Perutz
Laboratories (MFPL) und einer der Organisatoren der Veranstaltung ist
überzeugt, dass genügend Experten ausgebildet werden, die Absolventen
landen aber zum Teil in Jobs außerhalb der Labors.
Alleine an den MFPL - einer Kooperation der Uni Wien und der
Medizin-Uni Wien - werden jährlich rund 70 Dissertanten und 120
Diplomanden ausgebildet, berichtete der Wissenschafter. Aber anstatt
anschließend die Labors der Universitäten und sonstigen
Forschungseinrichtungen zu stürmen, starten viele Jungakademiker als
Vertreter, Verkaufsrepräsentanten oder gehen in die Verwaltung.
Karriereperspektiven an Unis ein Problem
Als Ursachen sieht Kuchler unter anderem die knappen Ressourcen
und problematischen Karriereperspektiven an den Universitäten, dass
oft die besten Leute in andere Berufe oder zum Abwandern ins Ausland
gezwungen werden. Dabei seien Auslandsaufenthalte zweifellos wichtig,
aber anschließend gebe es oft keine Perspektiven zurückzukehren.
Dabei sei die Situation an den MFPL noch besser als an klassischen
Uni-Instituten. Die Einrichtung ist als private Gesellschaft
organisiert, die Hierarchien sind flach.
"Forscher als Unternehmer"
Angehende, hochspezialisierte Molekular- und Mikrobiologen,
Genetiker wie Gentechniker sollten zu mehr Selbstständigkeit in jeder
Hinsicht getrimmt werden, forderte Kuchler. Persönlichkeitsbildung,
Kommunikationsfähigkeit und unternehmerisches Denken, Grundkenntnisse
etwa in Sachen Patentrecht, Betriebswirtschaft oder Management
sollten auch an den Unis unterrichtet oder wenigstens angeboten
werden. Sogenannte Spin-Offs, Unternehmen die von Uni-Forschern
gegründet werden, müssten von der Ausnahme, wenn nicht zur Regel, so
doch zur Normalität werden. Wie groß die Nachfrage unter Studenten
und Jungforschern nach wirtschaftlichen Fähigkeiten ist, zeigt sich
laut Kuchler nicht zuletzt bei Veranstaltungen wie "FEBS2007", wenn
Workshops etwa zum Thema "Forscher als Unternehmer" angeboten werden. (APA)