VY Canis Majoris, 2004 aufgenommen vom Weltraumteleskop Hubble

Foto: NASA,/ESA,/ R. Humphreys (University of Minnesota)
In etwa 5.000 Lichtjahren Entfernung befindet sich einer der hellsten Sterne unserer Milchstraße: Eingehüllt in einen imposanten Gasschleier erreicht VY Canis Majoris etwa die 500.000-fache Leuchtkraft unserer Sonne. Und es ist ein Todesfeuer: Als sogenannter "Roter Überriese" - die Schätzungen über seinen Radius gehen weit auseinander, liegen aber in jedem Fall beim mehrhundertfachen unserer Sonne - steht der Stern am Ende seiner Entwicklung. Und trotzdem könnte er eine potenzielle Quelle des Lebens darstellen.

US-AstronomInnen um Lucy Ziurys von der University of Arizona analysierten den Gasschleier des Giganten und fanden darin eine Vielzahl komplexer Moleküle. Unter anderem konnten mit Hilfe des Radioteleskops auf dem Mount Graham in Arizona Verbindungen wie Blausäure, Siliziummonoxid oder Natriumchlorid (also Kochsalz) festgestellt werden. Interessant auch eine einfache Phosphor-Stickstoff-Verbindung, da Phosphor einen wichtigen Bestandteil organischer Moleküle (z.b. in der DNA) darstellt.

Strahlengeschützt

Solche Verbindungen sind über die gesamte Milchstraße verstreut in interstellaren Wolken vorhanden und können von neu entstehenden Sonnensystemen gleichsam importiert werden. Wo sie ursprünglich gebildet werden, blieb lange Zeit im Dunkeln - erst in jüngerer Vergangenheit wandten sich AstronomInnen alten und sterbenden Sternen als möglichen "Produktionsstätten" zu. Dagegen schien zu sprechen, dass solche Sterne zwar Massen von Gasen ausstoßen, in denen sich komplexere Moleküle bilden können, man zunächst jedoch davon ausging, dass diese Moleküle binnen kurzer Zeit von der starken ultravioletten Strahlung der Sterne wieder aufgebrochen würden.

Das scheint jedoch nicht der Fall zu sein: "Klümpchen" von Staubpartikeln schirmen zumindest einen Teil der neugebildeten Moleküle lange genug gegen die Strahlung ab, bis diese aus dem unmittelbaren Einflussbereich des Sterns in den interstellaren Raum hinausgedriftet sind.

Sauerstoffreichtum kein Hindernis

Eine Besonderheit an VY Canis Majoris ist auch, dass es sich um einen sauerstoffreichen Stern handelt. Während kohlenstoffreichen Sternen schon länger die Bildung komplexer Moleküle zugetraut wird, haben nun die Messungen von Ziurys gezeigt, dass dies auch in einer sauerstoffreichen Umgebung möglich ist: Die chemische Zusammensetzung des Schleiers um den Stern variiert von Region zu Region genug, dass die Massen an freigesetzten Sauerstoffatomen nicht den gesamten vorhandenen Kohlenstoff zur Bildung von Kohlenstoffmonoxid verbrauchen, sondern auch sauerstofflose Kohlenstoffverbindungen ermöglicht werden.

"Wo wir nie gedacht hätten, dass sich Moleküle bilden könnten, finden wir sie. Wo wir glaubten, dass sie niemals überleben könnten, überleben sie", fasst Ziurys die Ergebnisse im "New Scientist" zusammen. Ihre Schlussfolgerung: Moleküle, die den allerersten Schritt auf dem Weg zu Leben darstellen, könnten nicht nur widerstandsfähiger, sondern auch weiter verbreitet sein, als bisher gedacht wurde. (red)