Wien – Die kurz vor dem Börsegang stehenden Meinl International Power (MIP) mit dem ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser als Chairman der die Gesellschaft leitenden Managementgesellschaft hat wenige Wochen nach ihrer Gründung die ersten Projekte an Land gezogen. Mit dem größten ungarischen Energieversorgungsunternehmen, der im Staatsbesitz befindlichen MVM, ist ein Vorvertrag zur Errichtung eines 230-MW-Gaskraftwerkes unterzeichnet worden, teilten Grasser und der ehemalige Verbund-Chef Hans Haider, der künftig die börsenotierte Publikumsgesellschaft leiten wird, am Montag bei einem Pressegespräch in Wien mit.

2 Milliarden Euro in Startpipline

Das Gemeinschaftsprojekt, an dem die MIP 49 Prozent halten wird, umfasst ein Investitionsvolumen von 150 Mio. Euro, wovon die Hälfte auf die MIP entfällt. Vom Investitionsvolumen her noch größer ist die exklusive Vereinbarung mit einem nicht genannten österreichischen Windkraftbetreiber. Gemeinsam ist in den kommenden fünf Jahren die Errichtung von Windfarmen in Zentral- und Osteuropa mit einer Kapazität von 600 MW und einem Investitionsvolumen von bis zu 750 Mio. Euro geplant. Drei weitere Projekte mit einem Volumen von 300 Mio. Euro befinden sich laut Grasser bereits "in einer fortgeschrittenen Due-Diligence-Prüfung". Weitere 15 konkrete Projekte derzeit werden den Angaben zufolge evaluiert. In Summe würden sich Projekte im Gesamtvolumen von 2 Mrd. Euro in der Startpipeline befinden.

Meinl-Bank-Chef Julius Meinl bestätigte bei der heutigen IPO-Pressekonferenz die bereits am Wochenende bekanntgewordenen Daten des geplanten Börsegangs der MIP: Ab morgen bis einschließlich 24. Juli bietet die Meinl Bank im Wege eines öffentlichen Angebotes in Österreich sowie im Rahmen einer Privatplatzierung für institutionelle Investoren 75 Mio. Aktien zur Zeichnung an. Der Kaufpreis wurde mit 10 Euro pro Aktie festgelegt, was auch dem Nominalwert der Aktien entspricht. Der Brutto-Emissionserlös beträgt demnach 750 Mio. Euro.

100 Prozent Streubesitz

Die MIP-Aktie wird voraussichtlich ab dem 1. August an der Wiener Börse gehandelt. Der Streubesitz wird sich auf 100 Prozent belaufen. Rund zwei Drittel der Papiere dürften bei institutionellen Investoren landen, so Meinl. Die von Grasser geleitete Management-Gesellschaft – Grasser ist daran mit einem Drittel beteiligt, den Rest hält die Meinl Bank – wird sich nicht am IPO beteiligen. Grasser, Haider und der neu hinzugekommene ehemalige E.ON-Manager Hans Dieter Harig wollen sich jedoch privat am Börsegang beteiligen, wie sie am Rande der Pressekonferenz zur APA sagten. Ebenfalls neu mit an Bord der Gesellschaft ist laut Meinl der Investment-Profi Michael Treichl, Bruder von Erste-Bank-Chef Andreas Treichl.

Aus der MIP soll laut Grasser in fünf Jahren ein Unternehmen mit einer Börsekapitalisierung von 5 Mrd. Euro werden. Die angestrebte Eigenkapitalrendite von 15 Prozent jährlich sei eine realistische Vorgabe, so Grasser.

MIP wird von "außen" gemanagt

"Wir haben alle Ingredienzien für einen interessanten IPO", meinte Meinl-Bank-Chef Julius Meinl. So könne etwa der neu in die Führungsmannschaft hinzugekommene ehemalige E.ON-Chef Klaus Dieter Harig auf sechs Jahre Erfahrung im Forschungs- und Entwicklungsbereich im heute größten europäischen Energiekonzern zurückblicken. Für die MIP bedeute dies einen weiteren Schub beim Finden von neuen Projekten.

Mit der auf Kraftwerks- und Energiebeteiligungen in Osteuropa spezialisierten Meinl International Power werden die Investoren – wie schon bei Meinl European Land und Meinl Airports International – die Möglichkeit haben, vom enormen Nachholbedarf und den damit einhergehenden Wachstumschancen in einem der kapitalintensivsten Märkte zu profitieren, so Meinl weiter.

Wie schon bei den beiden anderen Gesellschaften hat auch die MIP ihren Firmensitz auf der Kanalinsel Jersey. Die MIP sei – wie schon die anderen beiden Meinl-Gesellschaften – eine von "außen" gemanagte Gesellschaft, bei der die Führung per Geschäftsbesorgungsvertrag an eine Managementgesellschaft delegiert wurde, so Meinl. Diese Struktur sei gewählt worden, da sie eine höhere Flexibilität biete.

Vergütung

Im Falle der MIP ist die Managementgesellschaft die Meinl Power Management Limited, ebenfalls mit Sitz auf Jersey, an der wie berichtet die Meinl Bank zu zwei Drittel und der frühere Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu einem Drittel beteiligt sind. Ähnlich einer Vermögensverwaltungsgesellschaft erhält die Managementgesellschaft eine Vergütung, die sich an der Höhe des Vermögens der börsenotierten MIP orientiere, hieß es heute auf Anfrage.

Die Vergütung beträgt demnach für die ersten 350 Mio. Euro 1,5 Prozent jährlich, für die nächsten 350 Mio. Euro 1,25 Prozent und für den 700 Mio. Euro übersteigenden Wert 1 Prozent des Vermögenswertes der MIP. Dem ehemaligen Verbund-Chef Hans Haider wird laut Kapitalmarktprospekt weiters die Option auf den Erwerb von bis zu rund 1,24 Prozent MIP-Aktien gewährt.

Alles im Fluss

Sowohl Meinl, Grasser als auch Haider wiesen heute erneut auf den hohen Investitionsbedarf im stark wachsenden Energiesektor im Osten hin. So habe etwa die EU-Kommission bis zum Jahr 2030 ein Investitionsvolumen in den Energiesektor der EU-Länder von rund 1.790 Mio. Euro errechnet. Mehr als 60 Prozent der Kraftwerke in Zentral- und Osteuropa sowie den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion seien älter als 20 Jahre, was einen erheblichen Investitionsdruck erzeuge. Auch Russland plane hohe Investitionen. Das komme einer Revolution in der Energiepolitik gleich, so Meinl heute.

In der Energiewirtschaft sei derzeit alles im Fluss, ein gewaltiger Investitionsbedarf mit gewaltigen Chancen würde sich auftun, meinte Haider. Laut Grasser erfülle die MIP alle Voraussetzungen für ein gutes Unternehmen. Der vormalige E.ON-Chef Hans Dieter Harig bringe Erfahrung und große Netzwerke ein, das M&A-Team der Meinl Bank habe bereits Erfahrungen mit Projekten im Energiebereich. "Kompetenz, Erfahrung und Zugang zu politischen Netzwerken kommen zusammen", so Grasser.

Abwarten bei der Energie AG

Zuerst einmal "abwarten, was kommt", will Haider im Zusammenhang mit einem möglichen Engagements der MIP bei der geplanten Teilprivatisierung der Energie AG Oberösterreich (EAG).

In erster Linie stellt sich für Haider dabei die Frage nach der Profitabilität eines Engagements. "Dann werden wir entscheiden, was wir tun", sagte Haider bei der heutigen Pressekonferenz anlässlich des bevorstehenden Börsegangs der MIP, einer auf Kraftwerks- und Energiebeteiligungen spezialisierten Tochter Meinl Bank, an der der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser mit einem Drittel beteiligt ist.

Die letzten Gespräche mit der EAG habe er noch als Verbund-Chef geführt, so Haider weiter. Im Ausland sei der Verbund aber vergleichsweise rasch weiter gekommen. In Österreich werde dagegen unendlich lang diskutiert, auch bei der EAG, etwa über eine Volksbefragung. "Diese Diskussionen kenne ich seit zehn Jahren", meinte Haider.

40 Prozent für die Börse

Wie berichtet ist im Oberösterreichischen Landtag in der Vorwoche der Streit um die beschlossene Privatisierung des Landesversorgers Energie AG (EAG) weitergegangen. Der Börsegang war in der Nacht auf Freitag mehrheitlich beschlossen worden. Geplant ist der Teilverkauf nach Vorarbeiten für Februar 2008. Das Land will die Mehrheit von 51 Prozent der Aktien behalten. Bis zu 5 Prozent sollen an eine Mitarbeiterbeteiligung abgegeben werden, über 6 Prozent besitzt die städtische Linz AG. Für den Verkauf über die Börse stehen somit rund 40 Prozent zur Verfügung. Der Gesamtwert des Unternehmens wurde zuletzt mit rund 2 Mrd. Euro angenommen. (APA)