Wien - Das Fremdenrecht entspricht nicht der Europäischen Menschenrechtskonvention, ist damit verfassungswidrig und soll geändert werden. Zu diesem Schluss kam der unabhängige Menschenrechtsbeirat im Innenministerium, wie das Ö1-"Morgenjournal" am Montag berichtete. Eine eigene Arbeitsgruppe des Beirates hatte die Vollziehung des Fremdenrechtes geprüft und dabei schwere Mängel festgestellt.

Kein Spielraum

"Der Gesetzgeber lässt den Aufenthaltsbehörden im Inland keinen Spielraum, den Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention angemessen zu berücksichtigen", heißt es in dem am Montag vorgestellten Bericht des Beirats. Der Artikel 8 der Menschenrechtskonvention schützt das Privat- und Familienleben. Und dieses habe einen höheren Wert als eine Abschiebung aus öffentlichem Interesse - es sei denn, die Abschiebung sei nötig, um Verbrechen, die Störung von Gesundheit, Moral oder der öffentlichen Ordnung zu verhindern. Genau das müsse die Behörde nachweisen, erst dann sei eine Abschiebung möglich. Faktisch würden die Behörden es aber genau andersherum sehen: Die abzuschiebende Person müsse beweisen, wieso sie hier bleiben darf.

Schubhaft

Kritik kommt auch daran, dass Asylwerber quasi sicherheitshalber in Schubhaft genommen werden - eine Praxis, von der jedes Jahr mehrere hundert Menschen betroffen sind. "Eine Anhaltung zur Sicherung von fremdenpolizeilichen Maßnahmen auf Verdacht ist nach Auffassung des Beirates vom Bundesverfassungsgesetz nicht gedeckt", so der Bericht.

Haftige Kritik ernteten auch die ersten Instanzen für die Umsetzung der Fremdengesetze. Die Erstbehörden seien tendenziell überlastet und überfordert. "Daraus resultieren Grundrechtsverletzungen und lange Verfahrensdauern."

Für den Menschenrechtsexperten Novak sind daher sowohl der Vollzug als auch das Gesetz reformbedürftig. Er sprach sich im Ö1- "Morgenjournal" auch gegen die Absicht von Innenminister Platter aus, bis 2009 mit der Evaluierung zu warten. (APA)