Ausblick vom Anlegesteg in Millstatt

Foto: derStandard.at/mat

Steuern, steuern, steuern...

Foto: derStandard.at/mat

Der Kapitän bei der Arbeit

Foto: derStandard.at/mat
Foto: Millstätter See Schifffahrt

Flotte der Millstätter See Schifffahrt GmbH

Foto: Millstätter See Schifffahrt
"Schiff Ahoi" heißt es für Kapitän Bernd Marchetti während der Sommermonate. Jeden Tag befördert er hunderte Urlauber über den Millstättersee. Im Gespräch mit derStandard.at/Karriere plaudert er über die guten Seiten seines Berufs und die Schwierigkeiten, die er mit sich bringt.

derStandard.at: Wie sind Sie zu ihrem Job gekommen, wie wird man Kapitän?

Bernd Marchetti: Ich habe im Sommer 1999 als Kassier angefangen. Im Jahr darauf wurde am Millstättersee dann die große "MS Kärnten" angeschafft und für dieses Schiff habe ich dann die Kapitänsprüfung gemacht. Seitdem fahre ich damit.

derStandard.at: Das heißt Sie waren davor gar kein Kapitän?

Bernd Marchetti: Ich habe schon ein Sportpatent gehabt, also für Motorboote und so, aber für die großen Schiffe nicht.

derStandard.at: Den Job kann man ja nur über den Sommer ausüben. Was machen Sie im Winter?

Bernd Marchetti: Wir fahren von Anfang Mai bis Ende Oktober. Dann sind noch Arbeiten am Schiff zu machen, Reparaturarbeiten, das zieht sich ungefähr bis Mitte Dezember, dann habe ich Urlaub, weil während der Sommersaison geht sich kein Urlaub aus. Im Winter kann man zum Beispiel als Schilehrer arbeiten, das habe ich oft gemacht.

derStandard.at: Wie schaut so ein Tagesablauf bei Ihnen aus?

Bernd Marchetti: Wir fangen um halb neun in der Früh an, dann werden erst einmal die ganzen Motoren gecheckt, ob mit dem Öl und dem Treibstoff alles passt, die Wassertanks werden nachgefüllt, das Schiff geputzt. Um zehn Uhr beginnen die Rundfahrten, die dann bis 18 Uhr dauern. An manchen Tagen gibt es dann zusätzlich noch Nachtfahrten, zum Beispiel "Jazz on the Boat" oder Grillabende, die dauern bis 23 Uhr.

derStandard.at: Wie ist das für Sie, dass die anderen alle Urlaub machen und Sie arbeiten müssen?

Bernd Marchetti: Aber die anderen müssen dafür zahlen. Ich bin den ganzen Tag auf dem See und bekomme sogar noch dafür bezahlt. Mir gefällt der Arbeitsplatz.

derStandard.at: Gibt es auch Schwierigkeiten?

Bernd Marchetti: Ja, bei schlechtem Wetter und Sturm. Dann gibt es manchmal Probleme beim Anlegen, weil das Schiff ziemlich schwer ist.

derStandard.at: Und die Urlauber, sind die manchmal etwas schwierig?

Bernd Marchetti: Ja, weil sie immer mit den Kindern zum Kapitän wollen und neugierig sind. Das ist aber laut Gesetz verboten, dann sage ich immer sie können ja durch das Fenster zuschauen. Wir haben hinten am Schiff auch einen Kinderführerstand mit zwei Lenkrädern, wo sie spielen können.

derStandard.at: Haben Sie das Gefühl, dass den Leuten bewusst ist, dass Sie überhaupt da sind und dass man als Kapitän eine große Verantwortung hat?

Bernd Marchetti: Das ist den Leuten sicher nicht bewusst, sie stehen am Schiff und wissen oft gar nicht einmal, dass ich da bin und arbeite. "Ah, das ist der, der fährt", solche Kommentare kommen schon ab und zu.

derStandard.at: Was gefällt Ihnen so an der Arbeit?

Bernd Marchetti: Man hat keinen richtigen Stress, fährt die Runden am See – das ist fast wie Urlaub. Und in der Natur ist man auch immer. Eine große Verantwortung habe ich natürlich schon.

derStandard.at: Für wen wäre der Job nichts?

Bernd Marchetti: Gute Nerven muss man haben und flexibel muss man sein, weil wir keine fixen Arbeitszeiten haben. Mit den freien Tagen ist es auch immer unterschiedlich, weil wir als Kapitäne kein Wochenende haben. Dafür habe ich unter der Woche frei, wie es sich mit den Kollegen ausgeht.

derStandard.at: Wie werden die Arbeitstage aufgeteilt?

Bernd Marchetti: Drei Kapitäne wechseln sich immer ab. Wir haben am Millstättersee auch noch ein kleineres Zweitschiff, die Kapitäne wechseln sich bei den Schiffen ab. Einer fährt mit der großen "Kärnten", einer mit dem kleineren Schiff und der dritte hat frei.

derStandard.at: Gibt es an Deck auch außergewöhnliche Erlebnisse?

Bernd Marchetti: Da gibt es mehrere. Einmal kam ein Sturm beim Anlegen auf, als ich dann wegfahren wollte ist das nicht mehr gegangen. Da ist dann ein am danebenliegenden Steg liegendes Elektroboot beschädigt worden. Manchmal ist es schon gefährlich, weil der Wind stärker ist, egal was man probiert. Manchmal gibt es auch Probleme mit den Fischern, die in der Nähe der Anlegebucht stehen und nicht weg wollen, obwohl sie es eigentlich müssten. Mit Motorbooten gibt es keine Probleme, aber bei den Surfern ist Vorsicht geboten, gerade wenn die Schüler von Schulsportwochen ihre ersten Versuche in der Nähe der Anlegestelle machen.

derStandard.at: Sie fahren schon seit einigen Jahren am Millstättersee. Was bringt die Zukunft?

Bernd Marchetti: Es gibt schon die Herausforderung auch einmal auf einem anderem See zu fahren oder vielleicht einmal auf der Donau. Dafür müsste ich eine Zusatzprüfung machen.

derStandard.at: Wie machen Sie eigentlich Urlaub?

Bernd Marchetti: Ich fliege eher selten weg und wenn, dann zum Beispiel eine Woche nach Spanien. Aber das ist schwierig, weil im Oktober oder November viele Dinge zu reparieren sind und später zu Weihnachten habe ich keine Lust mehr wegzufahren, weil ich dann lieber Schifahren gehe.

derStandard.at: Keine Lust auf Kreuzfahrten?

Bernd Marchetti: Vorgenommen habe ich mir das eigentlich schon. Aber ich weiß nicht ob das gut ist, die meiste Zeit nur auf dem Kreuzfahrtschiff zu sein. (derStandard.at, mat, 9.7.2007)