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Auch Siege in Serie lassen das Emotionsniveau nicht sinken, dafür aber den Federer.

Foto: AP/Niedringhaus
In all dem Jubel der begeisterten Zuschauer huschte oben in der königlichen Loge ein Lächeln über Björn Borgs Gesicht. Mit dem zweiten Matchball nach 3:45 Stunden hatte Roger Federer seinen großen Herausforderer Rafael Nadal mit 7:6 (9:7), 4:6, 7:6 (7:3), 2:6, 6:2 noch einmal beim bedeutendsten Tennisturnier der Welt bezwungen, seinen 55. Sieg en suite auf Rasen gefeiert, zum fünften Mal en suite in Wimbledon gewonnen. Und Borg, seinerzeit zwischen 1976 und 1980 nicht zu schlagen, wusste, dass er eines der besten und spannendsten Wimbledonfinali gesehen hatte.

Nadal (21) hatte den 25-jährigen Titelverteidiger am Rande einer Niederlage. Der Herausforderer benötigte drei Games, dann war er im Match. Federers frühes Break zum 2:0 konterte Nadal zum 3:2. Drei großartige Passierbälle gelangen dem Mallorquiner in diesem Spiel, und danach ahnten die 13.000 Zuschauer auf dem Centre Court bereits, dass sie einem zukünftigen Klassiker zusehen würden. Nadal hatte sich in den zwei Wochen Wimbledon perfekt an das Spiel auf dem schnellen Grün angepasst und ließ seiner selbstbewussten Ankündigung Taten folgen: "Ich habe mein Rasentennis deutlich verbessert, ich spiele viel besser als vor einem Jahr."

Mit seinen Powerschlägen von der Grundlinie, Vorhand wie Rückhand, antwortete Nadal auf Federers größere Finesse. Er passierte den Schweizer immer wieder und machte die Punkte von der Grundlinie. Federer profitierte von seinem starken Aufschlag und punktete am Netz. Die Spannung auf dem Platz war mit den Händen zu greifen. Federer entschied den ersten und den dritten Satz jeweils im Tiebreak für sich, Nadal schaffte im zweiten Satz ein entscheidendes Break, im vierten durchbrach er gleich zweimal das Service Federers. Er schien, obgleich durch eine leichte Knieverletzung gehandicapt, auf der Siegesstraße. "Nadal ist ein unglaublicher Wettkämpfer, sehr schwer zu bezwingen", sollte Federer später sagen, "und er spielt immer sehr konstant."

Vier ungenützte Breakbälle im Fünften

Doch just im fünften Set zeigte Nadal doch Nerven. Er ließ insgesamt vier Breakbälle ungenützt. Federer rettete sich auch mit starken Aufschlägen. Und gleich anschließend nahm der Schweizer mit einem Vorhand-Winner Nadal vorentscheidend den Aufschlag zum 4:2 ab, er ließ sich den Vorsprung nicht mehr nehmen, ging erst in die Knie, nachdem er den zweiten Matchball verwandelt hatte. Tränen des Glücks und Riesenfreude bei dem Weltranglisten-Langzeitführenden. Es zeigte auch, welchem Druck er sich auch selbst ausgesetzt hatte.

Bei der Siegerehrung war er freilich wieder ganz Gentleman, nicht nur wegen seines Outfits in langer weißer Hose und weißem Sakko. "Er hätte es auch verdient gehabt", meinte Federer. "Rafael wird noch viel länger spielen. Ich bin froh über jeden Titel, bevor Rafael ihn mir wegnimmt", sagte der Schweizer. Und auch für Borg hatte er ein paar Worte übrig. "Ich kann zwar kein schwedisch, aber danke fürs Kommen", scherzte er in die Richtung des Altmeisters.

Zuvor hatten die beiden derzeit besten Spieler ein hochklassiges Finale geboten. Seit dem Achtelfinal-Erfolg über Pete Sampras 2001 hatte Federer in Wimbledon nicht mehr über fünf Sätze gehen müssen - und seine Bilanz in dieser Wertung war 9 Siege:10 Niederlagen. Auf den Major-Rekord des großen Sampras fehlen ihm jetzt nur drei Titel.

Kein Rasen-Match vor Wimbledon

Auch Nadal zeigte Größe: "Fünf Siege in Serie: Ich gratuliere Roger, das ist fantastisch", sagte Nadal. Er kann sich mit über 500.000 Euro trösten - und mit der Tatsache, dass er trotzdem einer von nur vier Spielern bleibt, die gegen Federer eine positive Head-to-Head-Bilanz haben. Federer verkürzte in dieser auf 5:8.

Dabei hatte sich Federer diesmal nicht wie üblich auf Wimbledon vorbereiten können. Er klagte nach dem Paris-Finale über Müdigkeit und leichte Adduktorenschmerzen. Daher verzichtete er diesmal auf das Turnier von Halle, wo er vor seinen vorangegangenen vier Triumphen gewonnen hatte, und bestritt vor Wimbledon kein einziges Rasenmatch. Man darf gespannt sein, ob Federer nun auch seinen Titel bei den US Open (ab 27. August) erfolgreich verteidigen kann. (sid/red/APA - DER STANDARD PRINTAUSGABE 9.7. 2007)