Bild nicht mehr verfügbar.

Ein halbes Jahr Rot-Schwarz und viele Baustellen...

Foto: APA/EPA/Martin Schutt
Wien - Vizekanzler Wilhelm Molterer hofft nach Beendigung der beiden Untersuchungsausschüsse auf einen Neustart für die Große Koalition. "Der Schutt der Vergangenheit ist jetzt weggeräumt", sagte Molterer am Sonntag in der ORF-Pressestunde. Er hofft, dass SPÖ und ÖVP bei ihrer Regierungsklausur am Dienstag und Mittwoch in Eisenstadt den Streit um das Vorschuljahr und die Rezeptgebühr-Deckelung beilegen können. Außerdem geplant: Eine neuerliche Novelle zum Ökostrom-Gesetz. Angesichts hoher Steuereinnahmen hält Molterer ein geringeres Defizit für "machbar".

Dass die Streitereien der Koalition in der Öffentlichkeit nicht gut ankommen, bestreitet Molterer nicht: "Ich brauche keine Meinungsforscher um zu wissen, dass wir es besser machen können." Verbesserungsbedarf gebe es auch bei der ÖVP. Nach Abschluss der U-Ausschüsse ("Fortsetzung des Wahlkampfes mit anderen Mitteln") habe die Koalition nun aber "die Hände frei" für die Zukunft. Bei der Regierungsklausur wolle die Regierung nun die Details zum Vorschuljahr und zur Rezeptgebühr-Deckelung sowie das weitere Vorgehen beim Ökostrom-Gesetz klären.

Verpflichtender Kindergarten für Kinder mit Sprachproblemen

In der Vorschul-Debatte kann sich Molterer weiterhin eine Verpflichtung zum Kindergarten-Besuch für Kinder mit Sprachproblemen vorstellen. Beurteilt werden soll die Schulreife wie bisher vom Schulleiter. Dafür müsste die Schuleinschreibung noch einmal vorverlegt werden, so Molterer. Bei Sprachproblemen "soll im Kindergarten eine Verpflichtung entstehen, dass das Kind in diesem einen Jahr vor der Schule ausreichend lernt". Details sollen Bildungsministerin Claudia Schmied und Wissenschaftsminister Johannes Hahn bis zur Regierungsklausur ausarbeiten.

Nachholbedarf sieht der VP-Chef bei der Integration von Kindern. Es sei "leider Tatsache", dass moslemische Eltern ihren Kindern oft den Kindergartenbesuch verbieten würden. Eine endgültige ÖVP-Linie zur Schulorganisation (Stichwort: Gesamtschule) soll die Perspektivengruppe der Partei bis zum Herbst finden - wobei Molterer einmal mehr "eine Lanze für die Hauptschule" brach. Ebenfalls im Herbst soll ein Modell zur Mitarbeiterbeteiligung stehen.

Eurofighter-Kaufvertrag

Den Eurofighter-Alleingang von Verteidigungsminister Norbert Darabos billigt der VP-Chef nach wie vor nicht, den aktualisierten Kaufvertrag hat er mittlerweile aber bekommen. Neben der beantragten Rechnungshof-Prüfung denkt Molterer nun auch daran, den "Nationalen Sicherheitsrat" mit den Sicherheits-Aspekten der auf 15 reduzierten Abfangjäger-Stückzahl zu befassen. Lieber gewesen wäre dem Finanzminister der von Eurofighter angebotene Rabatt von 200 Mio. Euro ohne Stückzahl-Reduktion, wie er betonte. Klären möchte Molterer nun, ob der Darabos-Deal Auswirkungen auf Gegengeschäfte und auf die Zahlungsvariante hat.

Geringeres Defizit "machbar"

Wegen des starken Wirtschaftswachstums erwartet Molterer "einige 100 Mio. Euro mehr" an Steuereinnahmen. Damit könnte ein geringeres Budgetdefizit - konkret sprach Molterer von 0,7 statt 0,9 Prozent des Bruttoinlandsproduktes - "machbar" sein. Einmal mehr betonte der Finanzminister aber, dass "jeder zusätzliche Steuereuro" in den Defizit-Abbau gesteckt werden müsse. Das nächste "Nulldefizit" soll es im Steuerreform- und Wahljahr 2010 geben.

Kritik der OECD an den niedrigen Vermögenssteuern in Österreich wies der Finanzminister zurück: "Wenn wir Österreich stark halten wollen (...) dann müssen wir danach trachten, dass Vermögen in Österreich bleibt. Daher hat ein SPÖ-Finanzminister diese Steuer (die Vermögenssteuer, Anm.) abgeschafft." Einmal mehr kündigte Molterer eine Entlastung des Mittelstandes bei der Steuerreform an - die Senkung des Spitzensteuersatzes sei dabei "ein Thema von vielen". Bei welchem Einkommen der Mittelstand beginnt, sagte der Finanzminister nicht.

Wahlergebnis

Klar machte Molterer auch, dass er die ÖVP bei der nächsten Wahl wieder an die Spitze führen möchte: "Natürlich habe ich vor, dass ich im Jahr 2010 dieses Wahlergebnis korrigiere." Eine Festlegung, selbst als Spitzenkandidat in die Wahl zu gehen, gab es von ihm jedoch nicht. Zurückgewiesen wurde von Molterer, dass Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel schon demnächst als Klubobmann abtreten könnte: "Dieses Gerücht gibt's seit Beginn. Wolfgang Schüssel hat mir zugesagt, dass er für diese Legislaturperiode - gottseidank sage ich - den Klubobmann der Österreichischen Volkspartei macht." (APA)