Frankfurt/Rostock - Aufmärsche von Rechtsextremen in
Frankfurt und Rostock haben am Samstag zum Teil gewalttätige Proteste
von Gegendemonstranten ausgelöst. In Frankfurt wurden Brandanschläge
auf Signalanlagen der Bahn mit einem geschätzten Sachschaden von
300.000 Euro verübt. NPD-Gegner blockierten mehrfach Gleise und
legten zeitweise den S-Bahn-Verkehr im Rhein-Main-Gebiet lahm. Der
Nahverkehr zum Flughafen musste in den dortigen Fernbahnhof
umgeleitet werden. Die Polizei löste die Gleisblockaden mit starken
Kräften immer wieder auf und nahm dutzende Protestierer vorübergehend
fest. Die Proteste in Rostock blieben friedlich.
Rechtsextreme protestieren gegen Globalisierung
Nach Polizeiangaben traten in Frankfurt rund 750 NPD-Anhänger mit
zweieinhalbstündiger Verspätung ihren Protestmarsch im abgelegenen
Stadtteil Hausen an. Sie wollten unter
anderem vor der Deutschen Börse AG gegen die Globalisierung
protestieren. Die Anhänger der rechtsextremen Partei hatten mehrere
Stunden im Hauptbahnhof bis zur Weiterfahrt ausharren müssen. Die
Zahl der in mehreren großen Gruppen auftretenden Gegendemonstranten
schätzte die Polizei auf 1.500, die Veranstalter auf mehrere tausend.
Zusätzlich gab es auf dem Frankfurter Römerberg eine friedliche
Kundgebung gegen Rechts, zu der ein Bündnis aus Gewerkschaften,
Kirchen und Parteien aufgerufen hatte.
Verbot der Partei gefordert
In Rostock demonstrierten nach Polizeiangaben zunächst 700 bis 800
Menschen gegen einen rechten Szeneladen. Nach der Kundgebung habe
sich die Demonstration friedlich aufgelöst. Auch ein anschließender
Aufmarsch von rund 300 Anhängern der rechten Szene sei friedlich
verlaufen, teilte die Polizei weiter mit. Gegen den neu eröffneten
Laden waren bereits am vergangenen Wochenende mehrere hundert
Menschen auf die Straße gegangen.
"Fatales
Zeichen der Resignation"
Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Dieter
Graumann, forderte, das Verbot der NPD
wieder voranzutreiben. "Die Politik muss das Verbotsverfahren
wieder aufnehmen. Sonst sendet sie faktisch das Signal aus, dass
die NPD eine Bestandsgarantie hat." Dies wäre ein "fatales
Zeichen der Resignation".
Neue Debatte um NPD-Verbotsverfahren
Die Debatte um einen
neuerlichen Anlauf für ein Verbot der rechtsextremen NPD ist
wieder in Gang gekommen. Der Chef der SPD-Bundestagsfraktion
Peter Struck machte sich am Samstag in der "Frankfurter
Rundschau" ungeachtet des vor vier Jahren gescheiterten
Versuchs für einen neuen Vorstoß gegen die Partei stark. "Für
mich ist das Thema NPD-Verbotsverfahren keineswegs erledigt",
sagte Struck vor dem Hintergrund eines der größten
NPD-Aufmärsche der vergangenen Jahre in der Mainmetropole.
Struck begründete seine Initiative mit Analysen der
Länderinnenminister, nach denen sich die NPD vor allem aus
öffentlichen Mitteln finanzieren soll. "Dass der Steuerzahler
über seine Steuern diese Verfassungsfeinde finanziert, ist nicht
hinnehmbar", sagte Struck der Zeitung.
Verfahrensfehler
Nach der Niederlage im ersten Verbotsverfahren will Struck
eine neue Initiative allerdings sehr sorgfältig vorbereitet
wissen: "Wenn wir ein zweites Mal scheitern würden, wäre das
eine Katastrophe." Ein von der früheren Bundesregierung
angestrengtes Verbotsverfahren gegen die Partei war 2003 vor dem
Bundesverfassungsgericht an Verfahrensfehlern gescheitert. Es
war bekannt geworden, dass der Verfassungsschutz Mitarbeiter in
die NPD eingeschleust hatte um sie auszuspionieren.
Ein Sprecher der Links-Partei sagte Reuters, Struck solle in
der SPD und in der Regierungskoalition für einen Rückzug dieser
V-Leute aus der NPD werben, da dies die Voraussetzung für einen
Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht sei. Ein neuerliches
Verbotsverfahren mache nur dann Sinn, wenn dessen Erfolg von
vorneherein sichergestellt werden könne. "Ein nochmaliges
Scheitern können sich weder die Bundesregierung noch der
Bundestag leisten", sagte der Sprecher. (APA/dpa/Reuters/red)