Grafik: DER STANDARD
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München/Luxemburg/Wien – Für den Münchner Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 ist die Übernahme des Wiener Senders Puls TV kaum ein Häppchen (die DER STANDARD Mittwochabend als erster meldete). Der gerade mit der TV-Holding SBS fusionierte deutsche Riese setzt pro Jahr mit Dutzenden TV-Stationen mehr als drei Milliarden Euro um. Puls kommt knapp in den zweistelligen Millionenbereich, behaupten Menschen, die es wissen sollten.

Umsätze mit ProSiebenSat.1 und SevenOne

Einen Gutteil seiner Umsätze macht Puls schon jetzt mit ProSiebenSat.1 und dessen Vermarkter Sevenone, dem es Sendungen für die Österreich-Fenster in ProSieben, Sat.1 & Co zuliefert.

Klassische Werbung weisen die Branchenbeobachter von Focus 2006 kaum aus. 1,4 Millionen 2005, gar nur 0,1 Millionen 2006. Dafür 1,2 Millionen mit "Café Puls", der Morgensendung, die von ProSieben bis Puls durchgeschaltet ist. Die gelieferten Daten passten nicht ins Schema der Beobachter, argumentiert Puls die eigenwilligen Werte für den Sender. Das Problem sei inzwischen behoben.

Digitaler Schub

Produzent Puls ist nur ein kleiner Baustein in der Österreich-Strategie von ProSiebenSat.1: Vermarktungschef Markus Breitenecker forciert seit Jahren Sendungen für Österreich. Sie sollen die Nutzer von Digitalsatelliten motivieren, die österreichischen Versionen seiner Programme mit den von ihm verkauften Österreich-Werbefenstern einzustellen statt die deutschen mit deutscher Werbung.

29 Prozent der Haushalte digital über Sat

Und die Nutzer von Digitalsatelliten nehmen rapide zu, forciert durch das Ende von analogem Antennenfernsehen in Österreich. Analoge Satseher empfangen ORF 1, ORF 2, ATV und Puls bisher über Antenne. Dreht der ORF – auf Geheiß der EU – diese Frequenzen ab, übersiedeln sie zum Digitalsatelliten. Wie auch ein Gutteil der noch verbliebenen Antennenzuschauer. Inzwischen sehen 29 Prozent der Haushalte digital über Sat.

Rasch erreichen die Werbefenster deutscher Vermarkter technisch an die 90 Prozent des heimischen Publikums – über Digitalsatellit und Kabelnetze, die längst die Österreich-Versionen ausstrahlen.

Bieten um ATV

Die gleiche Perspektive hat der europäische Marktführer in Österreich: Die RTL Group vermarktet Werbefenster in vergleichbarem Umfang. Für sie wäre ATV nur eine sinnvolle Ergänzung. Zu den Meistbietenden um die Anteile von Bawag und Medienunternehmer Herbert Kloiber dürfte sie aber nicht zählen. 20 bis 30 Millionen Euro kursieren als Größenordnung. ProSiebenSat.1 bietet laut Insidern nicht mit.

Die schlechtesten Quoten in der ORF-Geschichte heben allerdings den Reiz, den TV-Markt hier aufzumischen. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 6.7.2007)