Wer auf Zeit spielt, benötigt erstens eine gute Kondition - und zweitens die Zuversicht, dass sich die Dinge schon so entwickeln werden, wie man sie braucht. Mit seiner Ankündigung, das Fremdenrecht erst ab 2009 zu evaluieren, spielt Innenminister Günther Platter eindeutig auf Zeit - und seine beschwörenden Wiederholungen, dass es sich bei dem grimmigsten aller Nachkriegs-Ausländergesetze um ein "gutes Fremdenrecht" handle, lassen auf Zuversicht schließen.

Möglicherweise wird ihm jedoch bis dorthin die Luft für derartige Behauptungen ausgegangen sein, weil gegen immer lauter werdende Kritik auf die Dauer nicht gut beschwörend einreden ist. Immer hörbarer wird der Unmut gegen Abschiebungen 16-jähriger Vorzugsschülerinnen und 80-jähriger pflegebedürftiger Großmütter - und es ist immer öfter die Stimme des Verfassungsgerichtshofs, die die ärgsten Auswüchse kaltherziger Ausländerpolitik vorübergehend abwendet. Auch jene sechs Bundesländer, die den Bund aufgefordert haben, ein Bleiberecht für langjährig im Land lebende Ausländer einzuführen, stimmen in den Chor mit ein.

Doch Platter hat trotzdem ein Ass im Ärmel: Wenn laut kritisiert wird, heißt das noch lange nicht, dass auch jemand zuhört; jemand, der nicht zu den "üblichen Verdächtigen" gehört, die in Fremdenrechtsfragen hierzulande noch nie das Ohr der vielen Wähler da draußen erreicht haben. Diese werden in anderen europäischen Ländern derzeit mit Ankündigungen noch strengerer Fremdengesetze bedient - und diesem Zug der Zeit wird sich kein mehrheitsfähiger österreichischer Politiker entziehen. Also könnte es schon passieren, dass in zwei, drei Jahren ein kurzatmiger österreichischer Innenminister eine nächste Runde fremdenrechtlicher Verschärfungen einläutet. (Irene Brickner/ DER STANDARD Printausgabe 5.7.2007)