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Aus der Kollektion von Alexander McQueen

Foto: Reuters/Stefano Rellandini

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Entwurf von Prada

Foto: APA/AP/Antonio Calanni

Nach der zu Ende gegangenen Männermodewoche in Mailand gibt es eine gute und eine weniger gute Nachricht, wie immer die gute zuerst: Wir wissen, was die Trends für die Frühjahrs/Sommersaison 2008 sind. Military ist wieder in, und auch auf Trenchcoats wird man nicht verzichten können. Neopren und Rock'n'roll, vor allem in dieser Kombination, werden ein ganz großes Thema sein. Und weil in der modernen Männermode Tag und Nacht verschmelzen sollen, darf der taillierte dunkle Anzug in keinem Kleiderschrank fehlen. Was den farblichen Leitfaden betrifft, so sind es wieder die Sommerklassiker, viel Weiß und Hellgrau, Beige und Schwarz, sowie Pastell in allen Schattierungen, die den Großteil der Schauen dominierten. Zu all dem heißt die Devise. Accessorize! Große Taschen in geflochtenem Leder oder Canvas sind die ideale Ergänzung zum Sommerlook fürs nächste Jahr.

Die weniger gute Nachricht ist, dass das leider keine Neuigkeiten sind. Die Nachfrage bestimmt das Angebot, sagt man gerne. Will heißen, dass es der Kunde selbst ist, der Schuld daran trägt, dass er immer dasselbe vorgesetzt bekommt. Vom glamourösen Rockstar zum sportlich verruchten Abenteurer im Militärhemd oder sexy Rennanzug bis zum Südfrankreich-Playboy, modisch wurde wieder herzhaft in die immer gleiche Kerbe geschlagen. Weniger der aufregende Duft der Zukunft drang einem dabei letzte Woche in die Nase, mehr schon der muffige Hauch späterer Designer-Outlet-Schnäppchen. So konnte sich auch dieses Mal kaum ein Label das so genannte Bikerjacket verkneifen, sexy und knapp bei Versace, in Spitzenoptik bei John Richmond, in schwarzem Leder und mit Nieten bei Gucci, in zartem Rosa bei Bottega Veneta und in Reptilienleder bei D & G und Roberto Cavalli, um nur einige wenige zu nennen.

Synthetische, leuchtende Farben

Bei der Suche nach wahrem Innovationsgeist in der italienischen Modehauptstadt strahlten die positiven Ausnahmen dafür umso heller. So waren gerade jene Kollektionen interessant, die sich "Sommertrends" entzogen. Die Intensität der lichtdurchtränkten Farben wie Fuchsia, Türkis und Koralle machten Dries van Notens Kollektion beispielsweise zu einer der frischesten in Mailand. Transparente Mäntel und im Trompe-l'oeil-Effekt bedruckte Hemden gaben dem für ihn typischen Ethnolook, sieht man von einigen ältlich gewickelten Hemden und Jacken ab, einen zeitgenössischen Anstrich. Dass unter den Blinden der Einäugige König ist, kann man auch Italo Zucchellis Calvin-Klein-Kollektion, inspiriert durch Bruce Webers Fotos von US-Olympioniken aus dem Jahr 1984, Positives abgewinnen. Er hat rechtzeitig bemerkt, dass synthetische, leuchtende Farben eines der Leitmotive der Saison sein würden, und so kann sich der Kunde dann auch auf Anzüge und Pullis in Pastell-Orange, -Blau und -Rot freuen. Schade nur, dass die Gestaltung der einzelnen Teile sehr kommerziell angelegt war.

Weniger auf Verkauf getrimmt und thematisch auf einer, im wahrsten Sinne des Wortes, Wellenlänge mit Burberry, zeigte sich Alexander McQueen, dessen Rockabilly-Surfer die starke Fixierung auf Wassersport mit kurzen Overalls, halbwadenlangen Hosen und großflächigen Schrift-Prints auf die humorvollste Weise zusammenfassten. Was Miuccia Prada ihrem verwöhnten Publikum anbieten konnte, war nach ihren letzten Exkursionen in die textile Exzentrik, unerwartet ruhig und vermutlich deshalb neu. Die Belle Epoque-Blumendrucke, die kurzärmeligen Sommermäntel und endlich ein neuer, ausgestellter Hosenschnitt, lassen ein Modeuniversum abseits der Deklinierung ewig performativer Männlichkeit erahnen.

Zu behaupten, bei den nicht-italienischen Häusern wäre diesmal das Rad neu erfunden worden, wäre zwar übertrieben, doch lieferte man durch gezieltes Feilen an den Proportionen klassischer Kleidungsstücke, wie in den rigiden Mänteln von Burberry, oder durch einen Fokus auf haptische und visuelle Innovation, in den Stoffen von Jil Sander, eine sich lohnende Aussicht auf den nächsten Sommer. Die Kollektion des hierzulande weniger bekannten italo-japanischen Labels Giuliano Fujiwara beeindruckte mit multipel gelayertem Strick und Jersey. Aufzippbare Shorts über wadenlangen Leggings entwarfen, in Kombination zu Sandalen in technoider Birkenstock-Optik, und dankenswerterweise unter Verzicht auf protzige Ledertaschen und Bikerjackets, eine neue Facette von Angezogensein, die wir gut gebrauchen können, denn: Wenn wir morgen die Sachen von gestern haben wollen, dann fahren wir ins Outlet-Center. (Martin Sulzbacher/Der Standard/06/07/2007)