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Magerer Konsum und schlechte Preise treiben heuer einen Keil durch den Möbelmarkt.

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Wien – Der flaue Konsum und wachsender Preisdruck treiben heuer einen tiefen Keil in den Möbelmarkt. Produzenten sehen Auftragseinbußen von bis zu 20 Prozent. Viele kämpfen mit roten Zahlen. Große Konkurse zwingen sogar Handelsriesen wie Lutz, ihre Lieferantennetze neu aufzuziehen.

Schieder ist mit 11.000 Mitarbeitern Europas größter Möbelhersteller. Nach der Insolvenz droht dem Konzern jetzt eine Zerschlagung. Die Deutschen haben vor allem bei Lutz viele Aufträge offen, sagt Lutz-Sprecher Thomas Saliger dem STANDARD. "Die Probleme waren absehbar, wir haben uns daher rechtzeitig abgesichert."

Lutz bezieht von Schieder bis zu zehn Prozent des Sortiments, schätzen Mitbewerber. Es gebe in Europa genug Hersteller mit ähnlichen Produkten, lukrative Pauschalverträge in dieser Form jedoch nicht.

Weitere Konkurse

Schieder hat gut 70 Töchter in die Insolvenz geschickt. Saliger erwartet, dass der größte Teil der Gruppe weitergeführt wird. Lutz brauche dennoch neue Lieferanten. "Und sie stehen bereits Gewehr bei Fuß." Doch auch andere Firmen lassen aus. Am Montag meldete Hasag Konkurs an. Der oberösterreichische Polstermöbelhersteller zählt Lutz und Leiner/Kika zu seinen Kunden, 135 Mitarbeiter sind betroffen.

In Deutschland schlitterte allein vergangene Woche eine Handvoll Unternehmen in die Insolvenz. Das Ende der Fahnenstange sei nicht in Sicht, sagt Kurt Reisinger, Eigentümer von Anrei, Möbelproduzenten in Pabneukirchen. "Ich bin seit 20 Jahren im Geschäft, aber so etwas wie jetzt habe ich noch nie erlebt." Anrei selbst zählt 220 Mitarbeiter und erzielt seit zwei Jahren Verluste. "Alle in der Branche kämpfen. Es gibt wenige Ausnahmen."

Positive Ausreißer sind Unternehmen, die starke Marken aufgebaut und Exporte vorangetrieben haben – wie Team 7. Ada wiederum, mit 700 Mitarbeitern in Anger Österreichs größter Polstermöbelerzeuger, sicherte sich mit Werken in Ungarn und Rumänien ab.

Markt ist gesättigt

Ada-Chef Peter Scherf sieht für seine Gruppe in Österreich im Zuge von Verdrängung ein leichtes Plus, ortet aber in der Branche Rückgänge von deutlich über zehn Prozent. "Wer in Mitteleuropa Allerweltsware erzeugt, hat keine Chance." Der Markt sei gesättigt, der Bedarf im Osten noch nicht stark genug. Vor Ende kommenden Jahres gebe keine Erholung.

Betriebe wie Joka in Schwanenstadt hoffen bereits im Herbst auf Aufwind. Die Firma ist nach über 2,3 Mio. Euro Verlust 2005 im Vorjahr in die Gewinnzone zurückgekehrt. Jobs wurden reduziert, die Marke entstaubt. Der Umsatz ist heuer laut Joka-Chef Martin Hiebler um 17 Prozent gestiegen.

Preisdruck

Einig ist sich die Industrie über den Preisdruck der Handelsketten. Sonderrabatte seien gang und gäbe, der Einkauf von XXXLutz besonders aggressiv. 2005 feierte der Konzern Geburtstag und forderte von Lieferanten Extra-Rabatte. Die Industrie schaltete Rechtsanwälte ein. Bei Kika führten rückwirkende Geldforderungen 2002 in einen Rechtsstreit, er wurde einvernehmlich beendet.

Jetzt ziehen sich erstmals auch Hersteller zurück: Ein Betrieb will für Lutz nicht mehr fertigen – die Lieferungen seien ein Verlustgeschäft. Saliger sieht die Schuld nicht beim Handel. In Österreich sei der Absatz heuer zudem sehr gut, nur in Deutschland müsse man aufpassen. "Hier trennt sich die Spreu vom Weizen." (Verena Kainrath, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 4.7.2007)