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Aus der Dior Homme Kollektion von Kris van Assche.

AP/Jacques Brinon
Modevorbilder sind die Pariser Rucksacktouristen nicht. Aufgekrempelte Hosen, gebatikte T-Shirts: Die Männer, die über die Laufstege schritten, sahen anders aus. Ihr Leitbild war der Knabe im Ein- oder Zweiknopfsakko, mit Weste und kombiniert mit Sandalen. Letztere sind die Lieblingsfußbekleidung in der nächsten Sommersaison.

Nur eine Show, die auch in anderer Hinsicht zwischen vielen visionslosen Kollektionen hervorstach, kümmerte sich um die Rucksackreisenden. Wieder einmal fiel der belgische Designer Raf Simons, die derzeit stärkste Kraft in der Männermode, aus dem Rahmen. Er kleidet Techno-Nomaden auf Klassenfahrt ein. Gerade noch stimmte er mit dunklen Kriegern in die Science-Fiction-Stimmung der Mode ein, jetzt schnallt er seinen Jungs Rucksäcke um.

Sie stecken in zweilagigen Shorts, tragen mit Gummizügen eng zusammengehaltene Oberteile aus Hightechmaterialien, und an den Füßen glänzen - genau - Sandalen. Alles leuchtend bunt. So sieht ein Aufbruch in eine neue Richtung aus.

Der Dandy-Look Dass dieser von Raf Simons und nicht von einem der neuen Designer, von denen es in dieser Saison gleich mehrere gibt, kommt, das zeigt die Vorsicht, die derzeit auch die Männermode hemmt. Der neben Simons wichtigste Modemacher, Hedi Slimane, hat vor einigen Monaten bei Dior Homme das Handtuch geschmissen. Seine schmale Bubi-hafte Silhouette bestimmt noch immer die Arbeit vieler Kollegen. Sein Nachfolger und ehemaliger Assistent, der Belgier Kris van Assche, mag es weiter. Mit seinem romantischen Dandy-Look war er in den vergangenen Saisonen der geheime Liebling der Pariser Modeszene. Seit er bei Dior ist, weht ihm ein schärferer Wind entgegen.

Das war schon bei Assches eigenem Label, das er zu Beginn der um einen Tag geschrumpften Männerschauen zeigte, bemerkbar. Pludrige Hosen, Jacketts mit Revers, Hemden mit tief herabgezogenen Krägen oder gleich in der Variation als Nachthemd: Assche berief sich auf den Fin-de-Siècle-Fotografen August Sanders, um seine zwischen Aristokratenstil und Bauern-Look angesiedelten Kreationen zu verteidigen. In der Gegenwart landete er nicht. Sonntagnachmittag dann seine erste Schau für Dior: Im Vorfeld wurden vergoldete Macarones mit federleichtem Inhalt gereicht - ein stimmiges Sinnbild für die etwa drei Dutzend Outfits: Haremshosen zu Smokinghemden, dazu perlenapplizierte Abendschuhe.

Hochwasserhosen Für den Tag waren die Hosen hochgeschlagen, die Sakkos teilweise doppelreihig. Ein edler, etwas steifer Auftakt. Da wird noch einiges kommen müssen. Der Trend ins Formale war die ganzen Tage über bereits unübersehbar. Bei Louis Vuitton, wo diesmal eine stimmigere, ganz auf Biarritz getrimmte Kollektion gezeigt wurde, die höchstens durch Hochwasserhosen und viele Shorts überraschte, oder bei Hermes, wo feine Anzüge durch T-Shirts aufgelockert wurden, war das vorhersehbar.

Die Richtung, die Franck Boclet bei Ungaro einschlagen würde, war dagegen weniger klar. Der ehemalige Smalto-Designer verantwortet neben Nicolas Andreas Taralis für Cerutti (die Marke kehrt auf den Pariser Laufsteg zurück) den dritten großen Neustart dieser Saison und soll das angeschlagene Haus wieder flott machen. Doch der Ungaro-Gentleman von morgen schaut ein bisschen von gestern aus: Cary Grant lässt grüßen. Smoking und Reiteroutfits waren die Pole, zwischen denen sich die brave Kollektion bewegte.

Interessanter waren da jene Ansätze, die sich Männerklischees vornahmen: Ein Großmeister darin ist John Galliano. Diesmal lud er in eine Kirche in den Banlieues. Eine Punk-Soldateska marschierte auf, überstylt wie immer. Mode für Krisengebiete. Um sie sollten Backpacker einen Bogen machen.(Stephan Hilpold aus Paris, Der Standard, Printausgabe 2.7.2007)