Zertifikate mit Kapitalgarantie sind die mit Abstand beliebteste Produktgruppe. Investoren vergessen dabei oft, dass die Kapitalgarantie nur zur Endfälligkeit gilt. Viele in den letzten Jahren aufgelegten Papiere haben daher seit Emission deutlich an Wert verloren. Was für Erstzeichner ärgerlich ist, bietet Neueinsteigern attraktive Chancen.

Sicherheit ist Trumpf

Der deutsche Anleger scheut das Risiko. Was sich früher in der berühmt-berüchtigten Sparbuchmentalität widerspiegelte, lässt sich heute an den enormen Zuwächsen bei Tages- und Festgeldern sowie Geldmarktfonds ablesen. Aber auch am Markt für strukturierte Produkte ist der Wunsch vieler Investoren nach erhöhter Sicherheit deutlich zu spüren. Über 80 Prozent der in derivativen Wertpapieren investierten Anlagegelder liegen in Zertifikaten, die zumindest mit einem Risikopuffer ausgestattet sind. Besonders beliebt ist nach der jüngsten Erhebung des Derivate Forums die Gruppe der Garantie-Zertifikate. Diese garantieren Anlegern in der Regel die volle Rückzahlung des eingesetzten Kapitals. Wobei die Garantie nicht die anfallenden Kosten wie das Agio beinhaltet und auch immer nur für den Ausgabekurs gilt. Während der Laufzeit aufgelaufene Kursgewinne können bis zum Ende also wieder verloren werden, was gerade beim Kauf von bereits gehandelten und im Kurs gestiegenen Papieren zu berücksichtigen ist.

Verluste drohen auch bei Garantie

Diese Feinheiten werden viele Anleger, die in den vergangenen Jahren Garantie-Zertifikate gekauft haben, aber als Luxusproblem betrachten. Denn ein viel wichtigerer Aspekt beim Kauf solcher Vollschutz-Produkte wird immer wieder übersehen: Die Kapitalgarantie gilt nur zum Zeitpunkt der Fälligkeit. Während der Laufzeit können die Kurse durchaus unter den Emissionsbetrag abrutschen. Und was in den Produktflyern der Emittenten meist nur als kleiner Nebensatz erwähnt wird, kann für Investoren schlimme Konsequenzen haben. Nämlich dann, wenn die Laufzeit des Zertifikats nicht mit dem persönlichen Anlagehorizont übereinstimmt und das Papier vor Fälligkeit verkauft werden muss. Je nach Ausgestaltung des Zertifikats drohen dann durchaus Verluste von 30 Prozent oder mehr.

Im 2. Teil: "Zero-Bond" und Call-Option

„Zero-Bond“ und Call-Optionen

Um zu verstehen, wie ein solcher Kursrückschlag trotz der eingebauten Kapitalgarantie überhaupt möglich ist, bedarf es einer kurzen Erläuterung der Bausteine, mit denen Garantie-Zertifikate konstruiert werden. In der Regel bestehen diese Produkte größtenteils aus einem so genannten „Zero-Bond“, auch Nullkuponanleihe genannt. Dabei handelt es sich dem Namen entsprechend um eine Anleihe, die keinen Kupon besitzt, dafür aber zu Kursen von unter 100 Prozent angeboten wird. Und weil die Anleihe bei Fälligkeit zu eben diesen 100 Prozent zurückgezahlt wird, entsteht für den Käufer des „Zero-Bonds“ ein Kursgewinn. Bei einer Laufzeit von fünf Jahren und einem Marktzins von vier Prozent würde der Kurs einer solchen Anleihe bei rund 82 Prozent liegen. Die restlichen 18 Prozent kann der Emittent dann zum Beispiel in Call-Optionen auf einen Aktien- oder Rohstoffindex investieren, wodurch der Investor an etwaigen Kurssteigerungen beteiligt wird. Am Ende der fünfjährigen Laufzeit wird der „Zero-Bond“ zu einem Kurs von 100 Prozent fällig und garantiert damit die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals – selbst, wenn die Märkte gefallen und die Call-Optionen damit wertlos geworden sind.

Zinsentwicklung ist entscheidend

Allerdings gilt diese Rechnung eben nur zum Laufzeitende. Wie die meisten Anleihen sind auch die „Zero-Bonds“ während der Laufzeit vor allem von der Entwicklung des Zinsniveaus abhängig. Nach einem Jahr haben das o.a. Garantie-Zertifikat und damit auch der „Zero-Bond“ noch eine Restlaufzeit von vier Jahren. Entscheidend für den Kurs der Anleihe ist dann das Zinsniveau für vierjährige Anleihen. Ist dieses in der Zwischenzeit zum Beispiel auf sechs Prozent gestiegen, liegt der faire Wert des Papiers nur noch bei gut 79 Prozent. Und wenn sich gleichzeitig der Basiswert noch negativ entwickelt hat und die Call-Optionen ebenfalls an Wert verloren haben, dann kommt es bei dem Garantie-Zertifikat ganz schnell zu deutlichen Kursverlusten.

Interessante Kaufgelegenheiten

Wer diese vielleicht etwas komplex anmutenden Hintergründe einmal verstanden hat, dem bieten sich bei genauem Hinsehen immer mal wieder attraktive Einstiegschancen bei bereits länger am Markt gehandelten Garantie-Zertifikaten. Denn eins ist sicher: Solange der Emittent nicht zahlungsunfähig ist, gibt es am Ende der Laufzeit mindestens den Nennwert von 100 Prozent, ganz egal, wo dann die Zinsen stehen.

Zins-Konstruktionen besonders betroffen

Viele der deutlich im Minus liegenden Garantie-Zertifikate sind gleich doppelt negativ von den gestiegenen Zinsen betroffen, weil sie auch als Basiswert eine zinsabhängige Komponente besitzen. So wie die zum Beispiel von Goldman Sachs aufgelegten Korridor-Anleihen auf den Zwölf-Monats-EURIBOR. Bei der im November 2004 emittierten „5% Korridor-Anleihe“ (ISIN DE 000 GS9 F5H 3) wurde nach einem Jahr ein fixer Kupon von fünf Prozent ausgezahlt. In den Folgejahren hing und hängt die Verzinsung an der Entwicklung des EURIBOR, der damals noch bei 2,3 Prozent lag. Wenn dieser unter einer festgelegten Marke liegt, gibt es einen Kupon von fünf Prozent. Andernfalls geht der Investor leer aus. Im vergangenen November ist genau das passiert, weil der seit Emission deutlich gestiegene EURIBOR über der Schwelle von drei Prozent lag. Und auch in diesem Jahr sieht es stark nach einer Nullrunde aus. Zwar steigt die Schwelle jedes Mal um 0,5 Prozentpunkte. Bei einem aktuellen Niveau von 4,5 Prozent ist es aber unwahrscheinlich, dass die jetzt gültige Marke von 3,5 Prozent noch unterschritten wird.

6,2 Prozent Rendite bei stagnierenden Zinsen

Weil nach jetzigem Stand zumindest im kommenden Jahr (Schwelle bei vier Prozent) erneut ein Kuponausfall droht und zugleich die Zinsen seit 2004 deutlich gestiegen sind, ist das Zertifikat auf unter 90,00 Euro gefallen. Bei einer Laufzeit bis November 2010 ist damit eine Rendite von annualisierten 3,3 Prozent garantiert. Zusätzlich haben Sie die Chance, zumindest im letzten Jahr (Schwelle für den EURIBOR dann bei fünf Prozent) noch mal einen fünfprozentigen Kupon zu erhalten. Das würde die Rendite auf 4,8 Prozent pro Jahr steigern. Und wenn der EURIBOR im November 2009 unter 4,5 Prozent liegt, gibt es auch dann einen Kupon, so dass hier die gar nicht mal so unrealistische Chance auf 6,2 Prozent Jahresrendite winkt – völlig ohne Risiko.

Im 3. Teil: Der Gewinn liegt im Korridor

Der Gewinn liegt im Korridor

Sogar eine risikofreie p.a.-Rendite von 4,6 Prozent bietet die noch bis August 2013 laufende Korridor-Anleihe der Goldmänner aus dem Jahr 2005 (ISIN DE 000 GS0 GZM 0), die aktuell bei knapp 76,00 Euro notiert. Allerdings wird hier die anfangs bei 2,5 Prozent platzierte Schwelle nur um jährlich 0,25 Prozentpunkte angehoben. Selbst am Laufzeitende muss dadurch mit 4,25 Prozent eine Marke unterboten werden, die der EURIBOR heute von oben betrachtet. Die Gefahr, den möglichen Kupon von 5,25 Prozent nie zu erhalten, ist also relativ groß. Wer mittel- bis langfristig aber an deutlich fallende Zinsen glaubt, kann hier ein Schnäppchen machen.

Wette auf eine sich normalisierende Zinskurve

Deutlich attraktiver finden wir allerdings Papiere, die nicht auf das absolute Zinsniveau, sondern auf den Zinsunterschied zwischen langen und kurzen Laufzeiten setzen. So wie die vor zwei Jahren emittierte „ZinsPlus“-Anleihe (ISIN DE 000 DB3 002 2) der Deutschen Bank, die im Juni 2015 fällig wird. Hier wurde vor wenigen Wochen zum letzten Mal der fixe Kupon von (anteilig) 5,5 Prozent ausgezahlt. An den kommenden Zinsterminen (jeweils im Juni und Dezember eines Jahres) richtet sich der Kupon nun nach der Differenz zwischen dem zehnjährigen und dem zweijährigen Euro Swap-Zins. Dieser Wert wird zur Kuponberechnung dann noch mit dem Faktor vier multipliziert. Die maximal mögliche Auszahlung ist jedoch auf maximal zehn Prozent p.a. (also fünf Prozent pro Kupontermin) begrenzt.

Günstiger Einstiegszeitpunkt

In den vergangenen Jahren sind die kurzfristigen Zinsen wesentlich stärker gestiegen als die am langen Ende. Zeitweise lagen die beiden Zinssätze auf fast einem Niveau. Erst in den vergangenen Wochen hat der Zehn-Jahres-Zins zumindest wieder einen kleinen Vorsprung herausgearbeitet. Bei einer positiven Differenz von aktuell 0,20 Punkten würde sich bei der Berechnung also ein Wert von 0,8 Prozent ergeben, was aufgrund der halbjährlichen Auszahlung einem Kupon von 0,4 Prozent entsprechen würde. Doch dabei dürfte es auf Dauer nicht bleiben. Zwar ist für eine gewisse Zeit auch eine inverse Zinskurve denkbar, die eine Nullverzinsung zur Folge hätte. Über kurz oder lang sollten sich die Verhältnisse aber wieder normalisieren. Der Regelfall ist schließlich, dass der Anleger für eine längere Bindungsdauer auch einen höheren Zins bekommt. So wie es zum Beispiel zwischen 2002 und 2005 der Fall war. Und dann bringt die positive Zinsdifferenz auch wieder akzeptable Kupon-Zahlungen bei der „ZinsPlus“-Anleihe. Was Sie bei diesem Papier allerdings benötigen, ist Geduld. Die Restlaufzeit beträgt noch acht Jahre. Dafür bekommen Sie am Ende bei einem aktuellen Kurs von gut 76,00 Euro und einer garantierten Rückzahlung zu 100,00 Euro aber auch eine sichere p.a.-Rendite von 3,4 Prozent. Und hier sind die möglichen Halbjahreszahlungen noch nicht berücksichtigt.

Beim Tandem zählt jeder Tag

Während bei der „ZinsPlus“-Anleihe immer die Zinsdifferenz an dem jeweiligen Beobachtungstag entscheidet, wird bei der im Mai 2005 aufgelegten „Tandem Zinssammel“-Anleihe (ISIN DE 000 DB0 UYW 5) der „Blauen“ jeden Tag der Spread zwischen zehnjährigen und zweijährigen Zinsen berechnet. Nachdem im ersten Jahr ein Fixkupon von sechs Prozent gezahlt wurde, wird diese Maximalverzinsung in den Folgejahren nur dann erreicht, wenn die Zinsdifferenz an allen Geschäftstagen (rund 250 pro Jahr) mindestens bei einem Prozentpunkt liegt. Ansonsten wird ein geringerer Kupon gezahlt. Bei dem zweiten Zinstermin im Mai dieses Jahres fiel der Kupon zum Beispiel komplett aus, weil der Zinsunterschied in den vorherigen zwölf Monaten dauerhaft unter einem Prozent lag. Und auch in den ersten Wochen der aktuellen Periode konnte noch keine Zinsgutschrift verbucht werden. Liegt der Zinsspread zum Beispiel an 125 der 250 Geschäftstage im grünen Bereich (also über 0,99 Prozentpunkten), wird entsprechend ein Kupon von drei Prozent (sechs Prozent x 125 / 250) ausgezahlt. Das Zertifikat kostet aktuell gut 77,00 Euro, so dass eine Rendite von 4,4 Prozent pro Jahr bei Fälligkeit im Mai 2013 auf jeden Fall gesichert ist.

Spannende Sachen auch bei Aktien und Rohstoffen

Neben den hier vorgestellten Garantie-Zertifikaten mit zinsabhängigen Basiskomponenten gibt es auch in anderen Bereichen wie den Aktien- und Rohstoffmärkten interessante Ausgangssituationen, bei denen neben einer gesicherten Basisrendite im Optimalfall sehr attraktive Gewinnchancen „on top“ möglich sind. Einige dieser Papiere werden wir Ihnen in einer der kommenden Ausgaben im Detail vorstellen.