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An der Hochschule Furtwangen wurde eine Scannerlösung entwickelt, mit der Blindenschrift auch für Sehende und Nichtkundige entschlüsselt werden kann. Für das Auslesen des Braillecodes kommt ein handelsüblicher Scanner zur Anwendung, der für den Vorgang adaptiert wurde. Durch die versetzte Anordnung der Lichtquelle und des Zeilensensors des Scanners bilden sich beim Scannen an einer Seite der Braillepunkte Schatten. Über die charakteristische Ausgestaltung und Anordnung der Schatten kann der Braillecode in Druckbuchstaben-Text übersetzt werden. Die Analyse übernimmt eine dafür entwickelte Software.

Code

Vorgesehen ist die Lösung für die automatisierte Überprüfung von Medikamentenpackungen, die laut einer EU-Bestimmung aus dem Jahr 2005 zukünftig auch mit Braillecode gekennzeichnet werden müssen. In einem mehrstufigen Bildverarbeitungsprozess lokalisiert das Programm zunächst die einzelnen Braillepunkte und sucht dann gerade Linien, die durch möglichst viele Punkte laufen. Dabei entsteht eine Gitterstruktur, in der jeweils zwei mal drei Gitterpunkte zu einem Braillezeichen gehören. Die Anzahl und Anordnung der einzelnen Braillepunkte entspricht einem einzelnen Buchstaben oder Sonderzeichen. So lässt sich die Beschriftung der Medikamentenpackung zeichenweise aus dem Gitter ablesen.

Material

"Die Richtigkeit der Beschriftung war bisher eigentlich weniger ein Thema. Vielmehr gibt es aufgrund des verwendeten Packungsmaterials und der Punkthöhe immer wieder Probleme mit der Lesbarkeit", meint die Kommunikationsexpertin Eva Papst. Dass nur etwa 80 Prozent aller in Blindenschrift gedruckten Produktnamen problemlos lesbar seien, führt Papst aber nicht auf die mangelnde Einsatzbereitschaft der Pharmaindustrie zurück. "Durch die Materialbeschaffenheit stößt man bei manchen Packungen schlichtweg an eine Machbarkeitsgrenze. Je größer die Schachtel und je dicker das Material, desto schwieriger ist es, die Punkthöhe beim Druck hoch genug zu gestalten".

Interessant

Die ins Auge gefasste Scannerlösung beurteilt Papst als interessantes Projekt, zumal Forschung auf diesem Gebiet immer begrüßenswert sei. Ob ein automatisiertes Übersetzungsprogramm zuverlässig genug sei, um die Überprüfung durch fachkundige Übersetzer und Leser obsolet zu machen, sei allerdings fraglich, gibt Papst zu bedenken. (pte)