Die Mannschaftsquartiere der EM 2008: Vom Sportheim bis zum Grand Hotel ist alles dabei. Hier der Beau Rivage Palace in Lausanne.

Foto: LHW/Beau Rivage Palace
Gemessen an den Großevents befindet sich Österreich im Jahr 2007 in einer touristischen Schlummerphase. Die Aufbauarbeiten zur Fußball EM 2008 sind nämlich zurzeit offensichtlich weniger fordernd als die Demontage eines Mozartjahres 2006, das sich immer noch hartnäckig mit Spezial-Packages in der touristischen Landschaft hält.

Gefordert ist vorerst jedenfalls die Fantasie einer reisewilligen EM-Beiwohner-Gemeinschaft, die sich geradezu nach Angeboten rund ums Leder verzehrt. Sieht man einmal von aktuellen Umfragen ab, die immerhin und bereits jetzt einem Drittel der Österreicher vollkommene EM-Lethargie bescheinigt. Konkrete "Erfindungen", die in engem Zusammenhang mit der EM stehen - und sei es nur so eng, wie ein "Mozart-Weg" an Mozart vorführt - gibt es schlichtweg noch kaum. Das ist insofern erstaunlich, als der EM-Vorverkauf bereits abgeschlossen ist und das touristische Beiwerk solcher Großereignisse normalerweise recht früh die Lücken für jene ausfüllen will, die mit einem Platz im Stadion nicht mehr rechnen können. Tut es aber nicht.

Wie sieht es mit den Spielern aus, haben die sich schon um ihre EM-Pauschalreise gekümmert? Ja, haben sie, tausende Zimmer sind zu buchen für eine überdimensionierte Reisegesellschaft, die sich vor allem aus professionellen Begleitern zusammensetzt. Vollpension muss es schon sein, ein Wellnessbereich hat bei der Auswahl größte Priorität und Vier-Sterne-Komfort ist die Mindestanforderungen. Und nein, die Spieler sind nicht selbst ins Reisebüro gegangen und haben Kataloge durchgeblättert, aber im Wesentlichen läuft so eine Buchung in erstaunlich bekannten Kategorien ab.

Zimmerverzeichnis

Dem Großkunden "UEFA EM 2008" hat das Schweizer Reisebüro Kuoni einfach einen netten Katalog mit vierzig Häusern in Österreich und in der Schweiz zusammengestellt, über dem die Mannschaften jetzt rasch brüten müssen. Welcher Verband nämlich wo wohnen darf, wird auch hier nach einem touristischen Grundgesetz entschieden: "First come, first serve!" Ein Exklusivrecht auf die Unterkünfte haben die Mannschaften nicht, das bedeutet, die Hotels werden ihren Regelbetrieb aufrecht erhalten und während der EM auch "Normalgäste" beherbergen. Eine Möglichkeit, den Ballesterern näher zu sein als bei den leeren Kilometern auf einer Fanmeile.

Was muss eigentlich ein Hotel bieten, um den Kickern als offizielles Mannschaftsquartier die Ehre zu erweisen? Da wäre zum Beispiel das Hotel St. Oswald in Bad Kleinkirchheim, das natürlich über einen Fußballplatz in nächster Nähe verfügt. Normalerweise wird der aber von den jüngeren Gästen in diesem Familienhotel frequentiert, vornehmlich von jenen, die sich der Intensivanimation entziehen wollen. Das Haus ist eigentlich für sein clubähnliches Kinderprogramm bekannt - rührige Erinnerungsfotos mit den Fußballstars sind bei der "Indianergymnastik" oder im "Hui-Buh-Gruselkabinett" somit vorprogrammiert.

Ganz anders sind die Erwartungen, die eine Mannschaft an das Steigenberger Avance in Krems stellen darf. Dort muss sie sich den Frieden inmitten von Marillengärten und Weinbergen nämlich zumeist nur mit Golfern teilen, die hier seit Mai 2007 einen neuen Stützpunkt zwischen vier Golfplätzen gefunden haben. Den 1200 Quadratmeter großen Spa-Bereich wird man dem regulären Gast wohl überlassen können, denn immerhin siebzehn luxuriöse Suiten verfügen über eine derart große Nasszelle, dass man hier gerne von einer "Spa-Suite" spricht. Und bei welcher Gelegenheit darf man hier auf das Fotoshooting mit den Kickern hoffen? Ein guter Tipp ist der hauseigene Alfa Spider, den man sich für eine Wachau-Tour ausborgen kann, zu solch mythischem Gerät fühlt sich nämlich auch der Edelfußballer hingezogen.

Wer sich nun darin bestätigt fühlt, dass die Kicker-Pauschalreise einen gewissen Mindestzimmerpreis nicht unterschreitet, hat sich getäuscht. Zu den Mannschaftsquartieren zählen auch eine gewöhnliche Sportschule und zwei Bundessportzentren - nämlich jenes in Stubenberg am See und jenes in Faak am See. Der Schluss, dass die Unterkunft nur nahe einem See liegen muss, damit Kuoni das Vier-Sterne-Mindestniveau unterschreiten darf, ist nicht richtig, hier war die hervorragende Aktiv-Infrastruktur ausschlaggebend für die Nominierung. 51 Euro pro Person für ein Zimmer im Schloss Schielleiten - dort befindet sich nämlich das Bundesportzentrum Stubenbergsee - wären ja eigentlich "Geschenk", um sich in einem offiziellen Mannschaftsquartier einzunisten, dieser Luxus bleibt allerdings höchstens Schülern einer Sportwoche oder Leistungssportlern vorbehalten.

Für die Schweiz sparen

Und die Schweiz? Ist auch noch nicht wirklich weit gekommen bei der Realisierung der touristischen Pläne und Rahmenprogramme, die den Ticketlosen die Euphorie paketieren soll. Um dort im Hotel einer Nationalmannschaft abzusteigen, sollte man allerdings schon jetzt sparen, denn die Unterkünfte bestehen fast ausschließlich aus "Palace, Grand-Hotel und Beau-Rivage"-Varianten und liegen auffällig oft in der Nähe des Genfer Sees.

Jene Equipe, die sich für den Beau-Rivage Palace in Lausanne entscheidet, wird sich weniger an den aktuellen Mitbewohnern als an der historischen Gästeliste orientieren müssen. Die will zwischen Victor Hugo und Nelson Mandela nämlich kaum enden und ist nur kleines Indiz für die 150-jährige, bewegte Geschichte des Hauses.

Finanz- und nebenbei gelenkschonend ist es, wenn man im Seminarhotel Forum Post zu Nordic Walking Stöcken greift, sei es auch nur, um sich mit den Kickern beim Training ablichten zu lassen. Der Preis, den man dafür zahlen muss: Magglingen, wo diese Begegnung beim Morgensport passieren kann, liegt in gewisser Weise am "End der Welt", wie der so getaufte Fußballplatz der Kleinstadt im Berner Jura bereits nahe legt. (Sascha Aumüller/Der Standard/Printausgabe/30.06./01.07.2007)