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Rauchverbot ohne Schlupflöcher in England. Die Gastronomie rechnet mit nur kurzen Umsatzeinbußen.

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Allerorten stellten Pubs ihre Menüs um, Privatclubs wie der Royal Automobile Club in der Londoner Innenstadt brachten ihre Innenhöfe auf Vordermann - alles in Vorbereitung auf das totale Rauchverbot in öffentlich zugänglichen, geschlossenen Räumen, das an diesem Sonntag in England in Kraft trat. Zwar hinkt die größte Provinz Großbritanniens damit den Randregionen Schottland, Nordirland und Wales sowie der Nachbarinsel Irland hinterher, wo das Verbot zum Teil schon seit Jahren gilt. Dafür "haben wir das umfassendste Verbot auf der ganzen Welt", freut sich Sir Liam Donaldson, Englands höchster Gesundheits-Beamter, im Gespräch mit dem STANDARD.

Den Superlativ verdient das vom Unterhaus mit großer Mehrheit verabschiedete Gesetz, weil es keinerlei Ausnahmen zulässt. In Schottland gilt beispielsweise eine Ausnahme für Suchtkliniken, in New York sowie in Italien dürfen Privatclubs streng abgegrenzte Raucher-Zimmer einrichten. "Hingegen lassen wir in geschlossenen Räumen das Rauchen überhaupt nicht mehr zu." Donaldson und seine Abteilung Tabak-Kontrolle erwarten sich davon deutlich weniger Raucher; derzeit hängen 24 Prozent der Engländer der ungesunden Gewohnheit an. Donaldson erhofft einen mit Kalifornien vergleichbaren Rückgang, wo nur noch 14 Prozent der Bevölkerung rauchen. "Wir könnten im Lauf der Jahre 100.000 vorzeitige Todesfälle vermeiden."

Kurzfristiger Umsatz-Rückgang

Die Besitzer von Pubs und Restaurants haben sich auf einen kurzzeitigen Umsatz-Rückgang eingestellt. Der Erfahrung in Schottland zufolge "geht der Umsatz zunächst um etwa fünf Prozent zurück", berichtet ein Sprecher des Gaststätten-Verbandes. Schon bald nach dem Verbot hätten aber mehr Frauen als bisher die Gaststätten besucht. "Was wir an Bier-Umsatz verlieren, gleicht ein ansteigender Wein-Konsum bald wieder aus."

Das neue Gesetz verbietet das Rauchen auch in allen Firmenwagen und Fahrzeugen, die während der Arbeitszeit benutzt werden. "Zwei Lastwagenfahrer dürfen in Zukunft nicht mehr während der Fahrt rauchen, auch wenn beide im Privatleben Raucher sind", erläutert Bill Melotti von der Lobby-Gruppe Conservative Liberty Forum. "Die Labour-Regierung geht mit ihrer Einschränkung der Bürgerrechte wirklich zu weit."

Gesundheits-Boss Donaldson fechten die Zweifel nicht an. "Ich halte das für eine sehr merkwürdige Definition von Freiheit". Im Übrigen habe stets eine klare Mehrheit der Briten von bis zu 80 Prozent, "eingeschlossen der Raucher", das Totalverbot unterstützt. (Sebastian Borger aus London/DER STANDARD; Printausgabe, 2.7.2007)