Mojzis: "Grundsätzlich kriegt man natürlich von Dingen mehr mit, wo wir uns koalitionsintern nicht ganz einig sind."

"Es herrscht Empörung über die Vorgangsweise des Verteidigungsministers". ÖVP-Bundesgeschäftsführerin Michaela Mojzis meint im Interview mit derStandard.at, dass sich Norbert Darabos bei den  Eurofighter-Verhandlungen über den Tisch ziehen hat lassen. Josef Prölls Perspektivengruppen findet Mojzis "sehr wichtig". Dass nicht immer Einigkeit innerhalb der ÖVP herrscht, mache die Kommunikation natürlich nicht gerade einfacher, aber: "Das ist im Leben nun mal in Wirklichkeit so". Das Gespräch führte Anita Zielina.

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derStandard.at: Pflege, Eurofighter – in der Koalition wird momentan gerne und viel gestritten. Hat sich die ÖVP bei ihrer Klausur gestern auf Kampf eingeschworen?

Mojzis: Nein, überhaupt nicht. Wir haben uns mit uns beschäftigt, mit unseren Schwerpunkten. Damit, was uns im kommenden Halbjahr wichtig ist. Das werden vor allem das Thema Arbeitsmarktpolitik und das Thema Sicherheit und Europa sein. Damit wir einmal für uns die Klarheit haben, alle gemeinsam, was wir wollen.

derStandard.at: Gerade im Bereich Arbeitsmarktpolitik, mit einem sozialdemokratischen Sozialminister – da wird es sicher auch Meinungsverschiedenheiten geben?

Mojzis: Grundsätzlich kriegt man natürlich von Dingen mehr mit, wo wir uns koalitionsintern nicht ganz einig sind. Aber es gibt viele Punkte, wo wir uns zusammenraufen. Etwa die Vollbeschäftigung, die sicher ein Ziel der gesamten Bundesregierung ist.

derStandard.at: Momentan klingt es so, als wäre die ÖVP ziemlich beleidigt, dass die SPÖ in der Eurofighterfrage über sie "drüberfährt".

Mojzis: Es gibt in unserer Partei Unverständnis, so kann man das sagen. Die O-Töne reichen von „unseriös“ bis zu „warum das denn“. Es herrscht Empörung über die Vorgangsweise des Verteidigungsministers. Ein Beispiel, das ein ÖVP-Mitglied gebracht hat, und das ich hier sehr passend finde: Wenn ich zum Greißler gehe und eine Wurstsemmel mit Gurkerl will, und der gibt mir ein altes Semmerl ohne Gurkerl, dafür aber zwei Prozent Rabatt – Dann hab ich mich über den Tisch ziehen lassen.

derStandard.at: Ihr Parteikollege Josef Pröll will mit seinen Perspektivengruppen die ÖVP breiter und bunter machen – stößt damit innerhalb der Partei aber nicht nur auf Verständnis.

Mojzis: Der Perspektivenprozess ist ein sehr wichtiger, der auch innerhalb der Partei eine gewisse Sogwirkung entfaltet. Diskutieren, Dinge in Frage stellen, neue Wege überlegen: Ich erlebe persönliche keine Reaktion innerhalb der ÖVP, dass irgendjemand das als störend empfindet. Wir haben den Deckel aufgemacht, und jetzt reden wir mal. Das funktioniert auch irrsinnig gut, und es wird im Sommer sehr spannend, wenn die ersten Ergebnisse kommen.

derStandard.at: Ist das nicht schwierig, etwa ländliche Katholiken und urbane Jugendliche unter einen Hut zu bringen? Ist der Spagat nicht zu groß?

Mojzis: Naturgemäß ist es kommunikativ schwieriger, wenn in einer Gruppe verschiedene Meinungen vorkommen. Aber das ist im Leben nun mal in Wirklichkeit so. Was ich aber nicht glaube, ist, dass die Unterschiede regional verlaufen. Es gibt innerhalb der ÖVP das gesamte Spektrum, aber ich würde es nicht in den Bereich ländlicher und urbaner Raum trennen. Die Perspektivengruppe Ländlicher Raum von Fritz Kaltenegger etwa hat mit Telefonkonferenzen und modernen Medien gearbeitet und eine supermoderne Veranstaltung gemacht.

derStandard.at: Soll es auch ein modernes Zeichen sein, dass die ÖVP sich bei Nitsch trifft? Das ist ja ein ungewöhnlicher Ort für eine Klausur.

Mojzis: Stimmt, das ist ungewöhnlich. Das Nitsch-Museum hat sich Willi Molterer ausgesucht, und ich habe die Idee super gefunden. Es war eine ganz tolle Atmosphäre zum arbeiten, wirklich sensationell. Ich kann es jedem nur weiterempfehlen.

derStandard.at: Von Ihnen hört man, im Vergleich zu ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon, medial relativ wenig – stört Sie das?

Mojzis: Nein, überhaupt nicht. Das ist ja unsere Aufgabenteilung. Ich bin für die interne, er für die externe Kommunikation zuständig. Wir arbeiten sehr produktiv miteinander, stimmen die Abläufe aufeinander ab. Aber die Aufteilung ist schon gut so. (Anita Zielina, derStandard.at, 29.6.2007)