Kabul - US-Soldaten haben am Freitag bei einer Razzia in Afghanistan nach Angaben von Menschenrechtsverfechtern vier einheimische Zivilisten getötet. Die Opfer gehörten alle derselben Familie an, sagte Menschenrechtsvertreter Lal Gul. Es handle sich um einen 85-jährigen Mann, zwei seiner Söhne sowie einen Enkel. Die US-Streitkräfte hätten bei ihrem Einsatz im Verwaltungsbezirk Chogiani in der östlichen Provinz Nangarhar 15 Zivilisten festgenommen. Das US-Militär bestätigte den Einsatz, sprach allerdings von drei getöteten mutmaßlichen Extremisten. 16 Kämpfer seien festgenommen worden. Zivile Opfer gab es demnach keine.

Vor wenigen Tagen hatte der afghanische Präsident Hamid Karzai den ausländischen Streitkräften in seinem Land Fahrlässigkeit gegenüber Zivilisten vorgeworfen. Er forderte eine engere Zusammenarbeit mit den einheimischen Behörden. Wenn die ausländischen Soldaten in Afghanistan in ihrem Kampf gegen die radikalislamischen Taliban Erfolg haben wollten, müssten sie ihre Einsätze besser abstimmen, betonte der pro-westliche Präsident.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon ist am Freitag überraschend in Afghanistan eingetroffen. Dort führte er Gespräche mit Karzai und dem Oberkommandierenden der internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF, General Dan McNeill, wie ein Sprecher mitteilte. Bans erster Besuch in Afghanistan habe zum Ziel gehabt, eine enge Koordination zwischen den Vereinten Nationen und der Regierung in Kabul sicherzustellen.

Die Taliban sind unterdessen nach US-Armeeangaben in eine Region rund 30 Kilometer nördlich von Kabul eingesickert. Die Islamisten, deren Regime 2001 durch eine US-geführte Militärinvasion gestürzt wurde, haben ihre Angriffe auf die NATO-Truppen seit Wochen verstärkt und zum "Heiligen Krieg" gegen die ausländischen Soldaten und die Kabuler Regierung Karzai aufgerufen. Der deutsche ISAF-Stabschef Bruno Kasdorf hat mehr Truppen und Ausrüstung für die Absicherung des Wiederaufbaus in Afghanistan gefordert. Die 40.000 ISAF-Soldaten, die derzeit in Afghanistan stationiert sind, seien "ganz eng genäht", sagte Kasdorf in einer Live-Schaltung aus Kabul ins Berliner Verteidigungsministerium. (APA/Reuters)