Inge Morath als Zaungast stiller Vertraulichkeiten.

Foto: Albertina / Inge Morath / Foundation/Magnum Fotos

Vom polyfonen Hupen hastig sezierter Rush-Hour-Verkehr, noch bettwarme Schmuddelzimmer zweifelhafter Lustquartiere und bretterverschlagene Hinterhöfe voll plastisch gefrorenem Kinderlachen. Kaum das Billett in Händen, wird man zum selbstvergessenen Flaneur in den schillernden Bilderwelten der Ausstellung "Blicke, Passanten - 1930 bis heute", in der die Albertina 250 Fotografien aus eigener Sammlung präsentiert.

Rhythmisch gruppiert, thematisch vornehmlich zwischen urbanen Motiven, aber auch einigen Landpartien oszillierend, dabei die Grenzen zwischen Fiktion und Dokumentation bewusst auflösend. Durch Seiichi Furuyas dunstverhangene Linse erahnt man die geordnete Beschaulichkeit Wiener Straßenzüge, während sich Lisette Model ihren Weg durch das partybewegte Unterschenkeldickicht der frühen US-Überflussgesellschaft bahnt. Dazwischen Inge Moraths selbstredende Reisedokumente, Lee Friedlanders kalaidoskopische Spiegelspiele, Manfred Willmanns Farbmelancholien, Robert Franks schnörkelfreier Amerika-Querschnitt und Bogdan Dziworskis rührend-vitale Schnappschusstreffer. (clep / DER STANDARD, Printausgabe, 29.6.2007)