Wien - Im Verfassungsausschuss des Parlaments ist es am Donnerstag zu einem Koalitionskrach in der Kärntner Ortstafelfrage gekommen. Die SPÖ hat den Antrag gestellt, die Causa auf die Tagesordnung zu heben. Das wurde allerdings von der ÖVP, FPÖ und dem BZÖ abgelehnt. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, der zur Überraschung der ÖVP ebenfalls zur Sitzung erschienen war, um sich für die Änderung der Tagesordnung einzusetzen, zeigte sich enttäuscht. Er warf der Volkspartei Diskussionsverweigerung vor, der Koalitionspartner habe sich in die "Geiselhaft Jörg Haiders" begeben, so der Kanzler.

Eine endgültige Lösung des Ortstafelstreits könne es nur mittels eines Verfassungsgesetzes geben, betonte Gusenbauer. Über den SPÖ-Vorschlag habe "breiter Konsens" geherrscht. Man benötige jedoch eine zwei Drittel Mehrheit, meinte er. Solange die ÖVP in "Geiselhaft Haiders" sei, werde es zu keiner Einigung kommen. Dass er mit diesen Aussagen eine Verschiebung der Diskussion auf Herbst nicht mehr ausschließe, wollte der Bundeskanzler nicht bestätigen. Auch Gerüchte, wonach die Änderung der Tagesordnung ohnehin nicht mehr möglich gewesen sei, dementierte er und verwies auf die Verfahrensordnung.

Haider: "Die Roten Verräter sind gescheitert"

Sehr zufrieden zeigte sich der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider über die Entscheidung: "Wir haben das überfallartige und von roten Kärntner Heckenschützen unterstützte Ortstafel-Diktat Wiens mit 163 Ortstafeln vorerst abgewehrt", ließ er via Pressedienst verlauten.

"Dass die Bundes-SPÖ mit Unterstützung der Kärntner Sozialisten ihren Verrat an Kärnten trotz aller Bedenken durchziehen wollte", beweise der Umstand, dass Parteichef Alfred Gusenbauer persönlich in den Ausschuss geeilt sei und die Kärntnerin Melitta Trunk als Antragstellerin fungiert habe. Haider unterstrich, dass er weiter "für eine gerechte und endgültige Lösung der Ortstafelfrage arbeiten, sich einem Ortstafel-Diktat Wiens aber auch in Zukunft nicht beugen" werde.

Spindelegger kritisiert SPÖ und Grüne Der Zweite Nationalratspräsident Michael Spindelegger verteidigt die Weigerung der ÖVP, das Ortstafel-Thema auf die Tagesordnung des Verfassungsausschusses am Donnerstag zu nehmen. Der "Ortstafel-Gipfel" im Kanzleramt habe erst vor wenigen Tagen gezeigt, dass dieses Thema "noch nicht reif für den Verfassungsausschuss ist". "Daher halte ich es für kontraproduktiv, dieses Thema im Verfassungsausschuss unabgesprochen auf den Tisch legen zu wollen", so der ÖVP-Verfassungssprecher.

Dass SPÖ und Grüne die Ortstafeln trotzdem ohne Absprache auf die Tagesordnung heben wollten, ist für Spindelegger ein "Bruch bewährter parlamentarischer Usancen". "Wir nehmen dies zur Kenntnis und behalten uns ähnliche Schritte in Zukunft vor", drohte der ÖVP-Politiker in einer Aussendung. Die ÖVP sei an einer konstruktiven Lösung der Ortstafelfrage natürlich interessiert, man könne sich dieser aber nur schrittweise nähern. (APA)