Ein Junge mit Gänsen aus Khoroshilovas jegliche romantische Verklärung vermeidenden Fotoserie "Russkie".

Foto: Hilger
Foto: Hilger

"Ich beschloss, sie so zu belassen, wie sie sind. Ich habe weder den Wunsch noch das Recht, mich in deren Realität einzumischen und sie erneut zu stören", schreibt Anastasia Khoroshilova über ihre aktuelle Serie "Russkie": Sensible Porträts von Menschen zwischen dem Baltischen Meer und dem Pazifischen Ozean, von Kaliningrad bis Wladiwostok.

Das, was die 1978 in Moskau geborene Khoroshilova, die in Duisburg-Essen studierte, in der Serie unter dem Begriff "Russen" zusammenfasst, ist aber mehr als ein Volk, dass Leonid Breschnew als Volk der Sowjets verstand. Eine Definition, die politische, soziale und traditionelle Besonderheiten der Menschen zwar nicht unterdrückte, ihr aber sehr wohl nur eingeschränkte lokale Bedeutung zubilligte. Khoroshilova zeigt Menschen verschiedener Nationen, Volkszugehörigkeiten, unterschiedlichster religiöser Konfessionen, die im Laufe der Zeit auf russischen Boden gelangt sind.

Sie nimmt sich zurück: Verzichtet auf Romantik und komplizierte Komposition, postiert die Kamera frontal, lässt Raum für die Würde der Porträtierten. Im Interieur spiegelt sich die innere Verfassung der Dargestellten. - Lachende Gesichter sucht man in den ungeschönten Aufnahmen vergeblich. Nur der jüngste Spross auf einem Familienporträt quält sich mühsam ein Lächeln ab. Ein Mann mit Pelzmütze vor eingeschneitem Holzhaus, Frauen beim Spinnrad, ernste Kinder auf vermeintlich idyllischen Wiesen ... Fotos, die keiner Erklärungen bedürfen. (kafe / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.6.2007)