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Ein Wasserrohr als Bleibe im indischen Mumbai

Foto: REUTERS/Arko Datta
Wien - Bald schon wird mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten leben - erstmals in der Menschheitsgeschichte. Laut dem soeben in Wien, New York und London präsentierten Weltbevölkerungsbericht des United Nations Population Fund (UNFPA) teilen sich mittlerweile 3,3 Milliarden urbane Erdenbewohner eine Fläche von lediglich 377.000 Quadratkilometer, was nicht einmal der Größe Japans entspricht. Experten gehen davon aus, dass es 2030 rund 4,9 Milliarden Stadtmenschen geben wird.

"Wir befinden uns mitten in einer dramatischen geopolitischen Wende", sagte SP-Entwicklungssprecherin Petra Bayr im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. 90 Prozent aller Slum-Bewohner leben in Entwicklungsländern, 72 Prozent aller Stadtbewohner in Afrika vegetieren in Slums. "Umweltprobleme konzentrieren sich heute vornehmlich auf die Großstädte. Genau darin stecke aber auch die Chance", so Bayr. Mit kluger Stadtpolitik, die eine "gesunde" Architektur mit viel Grünflächen forciert, sei diesen Schwierigkeiten beizukommen.

Mega-Cities

Derzeit leben in 20 so genannten Mega-Cities, also Städten mit zehn Millionen Einwohnern und mehr, vier Prozent der Weltbevölkerung - fünf Mal so viel wie noch im Jahr 1950. Berechnungen zufolge wird die Stadtbewohnerzahl zwischen 2000 und 2030 um 72 Prozent wachsen und die bebaute Fläche von Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern um 175 Prozent zunehmen. Schon jetzt steigt die Bevölkerungszahl in den Metropolen Asiens und Afrikas um je eine Million Menschen pro Woche.

Schon jetzt sei absehbar, dass die Millionenstädte in der Dritten Welt "massiv überfordert" sind, "wenn man sie alleine lässt", betonte der Grüne Sozialsprecher Karl Öllinger. Diese Ausläufer seien bereits jetzt schon spürbar, immer öfter würden verzweifelte Menschen versuchen, ihrem Schicksal zu entfliehen - und stranden dann mit völlig überfüllten Booten an den Kanarischen Inseln oder an den Küsten Italiens oder Spaniens. Öllinger: "Die Chancen potenzieren sich in Städten ebenso wie die Risiken. Würde etwa in Lateinamerika die Kriminalität in den Städten auf internationales Niveau sinken, würde das BNP pro Kopf um 25 Prozent steigen."

Ein Sechstel der Weltbevölkerung lebt ins Slums

Was in dem UNFPA-Bericht ebenfalls deutlich gemacht wird: Die Mehrheit der neuen Stadtbewohner wird in Armut leben. Kritisiert werden weltweit jene Regierungen, die "ihre Energie darauf verschwenden, Migration zu verhindern und arme Landflüchtlinge in ihre Herkunftsgegenden zurückzuschicken. Diese Politik ist falsch und fördert nur die weitere Entstehung von Slums und die damit verbundenen sozialen, gesundheitlichen und Umweltprobleme", heißt es in dem Papier. Mittlerweile lebt einer von sechs Erdenbewohner in Slums. "Daraus resultieren zahlreiche soziale Probleme wie Krankheiten, Gewalt, Armut, Obdachlosigkeit und Kriminalität", erklärte Siri Tellier, vom Liaison Büro der UNFPA Genf.

Keine Stadt wie Tokio

Tokio bleibt nach Einschätzung von UN- Experten mit mehr als 35 Millionen Einwohnern auf absehbare Zeit der größte städtische Ballungsraum der Welt. Nach dem am Mittwoch vorgestellten Weltbevölkerungsbericht 2007 des UN-Bevölkerungsfonds UNFPA führt die japanische Hauptstadt mit 35,2 Millionen Einwohnern (2005) die Liste der so genannten Megastädte - Großstädte mit mehr als zehn Millionen Einwohnern - mit großem Abstand an. Auf dem zweiten Platz folgt Mexiko City (19,4 Millionen) vor New York (18,7 Millionen), Sao Paulo (18,3 Millionen) und Mumbai (18,2 Millionen).

Die indische Metropole Mumbai (Bombay) wird nach den Schätzungen bis 2015 auf 21,9 Millionen Einwohner wachsen und Mexiko-Stadt vom zweiten Platz verdrängen. Dagegen werde die Bevölkerung Tokios und New Yorks nahezu stagnieren.

Bevölkerungszahlen insgesamt

Die Weltbevölkerung könnte von derzeit 6,7 Milliarden bis zum Jahr 2050 auf 11,9 Milliarden wachsen, wenn die Kinderzahl pro Frau im weltweiten Durchschnitt auf dem heutigen Niveau von 2,55 verbleibe. Sollte die Kinderzahl knapp unter 2,1 sinken (mittlere Variante) würde die Bevölkerungszahl auf 9,2 Milliarden steigen. Bei einer durchschnittlichen Kinderzahl pro Frau von 1,52 (niedrige Variante) würde die Zahl der Menschen auf dem Planeten immer noch auf 7,8 Milliarden wachsen. (APA)