Das Passivhaus der Heimat Österreich gibt sich Grau in Grau - und bekennt sich gelegentlich zu einem Schuss Farbe (siehe "Mit einem Hauch von Farbe").

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Hier ein Satteldach, dort eine Gaupe: So sieht er also aus, der österreichische Durchschnittswohngeschmack (siehe "Mittelmaß für jedermann").

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Mit einem Hauch von Farbe
Die Heimat Österreich ist "dem Menschen verpflichtet" – so der Slogan des sonst eher klassisch agierenden Wohnbauträgers. Mit einem Modellwohnbau von SPS-Architekten gibt man sich umso innovativer.

Freiheit ohne Förderung
Die WVG Bauträger GmbH hat sich in eine seltene Marktnische gesetzt und bietet günstige Wohnungen an, die fernab der Wohnbauförderung entstehen. Ein Blick auf die Studenygasse von Architekt Gottfried Woisetschläger.

Mittelmaß für jedermann
Nicht jeder möchte cool wohnen. Der gemeinnützige Wohnbauträger Austria AG hat sich daher dem Normalen und Alltäglichen verschrieben – beispielsweise mit der Putschermühle von Adolf Straitz und APM-Architekten.

Wilder Wohnbaumix
Jüngstes Flaggschiff der GPA ist das Büro- und Wohnhaus in der Schlachthausgasse in Wien-Landstraße. Coop Himmelb(l)au haben mit ihrer Architektursprache ein Gebäude geschaffen, das polarisiert.

Studenten wohnen passiv
Der Bauträger Migra verweist auf sein Studentenheim in Wien-Leopoldstadt. Gemeinsam mit dem Architekturbüro Baumschlager & Eberle ist ein innovatives Projekt in Passivbauweise geglückt.

Wagnis aus Alt und Neu
Die gemeinnützige Wohn-, Bau- und Siedlungsgenossenschaft Alpenland präsentiert sich mit dem Meierhof in Öhling. Rundgang durch das kontrastreiche Projekt von Architekt Johannes Zieser.

Mit einem Hauch von Farbe

Seit einigen Jahren ist der mehrgeschoßige Holzwohnbau im Anmarsch. Immer wieder funkeln ein paar seltene Glanzbeispiele durch die Bundesländer. In Salzburg wurde letztes Jahr der Modellwohnbau Passivhaus Samer Mösl fertig gestellt.

"Das Besondere an diesem Projekt ist das durchschlagende Ergebnis in Hinsicht auf Energieeffizienz und Ertrag", sagt Wilfried Haertl, Geschäftsführer von Heimat Österreich: "Das Konzept ist absolut aufgegangen." Die Wohnhausanlage sei der Beweis, dass man mittels offenen, zweistufigen Wettbewerbs und im Rahmen der Wohnbauförderung durchaus in der Lage sei, ein taugliches und hoch qualitatives Passivhaus auf die Beine zu stellen.

Für Architekt Simon Speigner (SPS-Architekten) ist vor allem die Verwendung von ökologischen Baumaterialien wichtig: "Ökologisches Wohnen macht keinen Sinn, wenn man nicht auch schon beim Bau auf die Wahl der richtigen Rohstoffe achtet." Die Fassade besteht aus Fichtenbrettern, die mit einem grauen Anstrich versehen wurden. Und das hat auch seinen Grund: "Die Idee ist, die natürliche Vergrauung des Holzes optisch ein bisschen zurückzunehmen", erklärt Speigner. "Das Holz beginnt zu verwittern, wenn die graue Farbe allmählich ihre ersten Verschleißerscheinungen zeigt und schließlich abgewaschen wird." Im Klartext heißt das: Grau bleibt Grau. Einzig und allein die Wind- und Regenabdichtbahn aus Kunststoff, die zwischen den Fugen hervorlugt, trägt die Farben Hellgrau, Gelb und Blau. Ein Häuchlein von Buntheit also, very sophisticated.

Die Wand hinter der verbretterten Fassade misst beachtliche 45 Zentimeter. Alle Wandteile wurden in Elementbauweise im Werk vorgefertigt und mussten vor Ort nur noch zusammengesteckt werden. Auf diese Weise gelang es, den Rohbau mit seinen insgesamt 60 Wohnungen in einer Rekordzeit von sechs Wochen aufzustellen. Die Baukosten belaufen sich auf 6,3 Millionen Euro. Die Energiekennzahl liegt zwischen zehn und 15 kWh pro Quadratmeter und Jahr.

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Freiheit ohne Förderung

Von gefördertem Wohnbau hält Jörg Wippel, Gesellschafter des Wohnbauträgers WVG, nicht allzu viel. "Ohne Förderung sparen wir pro Projekt gut und gerne 18 Monate Abwicklungszeit", erklärt Wippel seine Beweggründe. "Das ist enorm – und Zeit ist bekanntlich Geld."

Die WVG Bauträger GmbH arbeitet meist mit denselben Generalunternehmern, dafür ohne öffentliche Ausschreibung, wie es seitens der WVG heißt. Doch vom Begriff "frei finanziert" möchte man sich distanzieren. Lieber spricht man von "nicht gefördert". Damit drücke man aus, dass man Wohnungen hoher Qualität für die breite Masse errichtet.

Jüngster Wurf dieser Art, der kommenden Monat schlüsselfertig übergeben wird, ist das Wohnbauvorhaben Studenygasse in Wien-Simmering. Der planende Architekt ist Gottfried Woisetschläger. Aufgrund der Art und Lage des Grundstücks mit Südwest-Orientierung entschied sich Woisetschläger, die insgesamt 42 Wohnungen in zwei Baukörpern unterzubringen. "Die Qualitätsmerkmale wurden vom Bauträger von Anfang an klar ausgesprochen", sagt der Architekt. "Jeder Wohnung ist ein Freiraum in Form von Balkon, Loggia oder Terrasse zugeordnet."

Wippel gibt sich stolz: "Alle Projektkriterien wurden eingehalten. Der Bau ist um nichts schlechter als der eines gemeinnützigen Wohnbauträgers, ja sogar eine Spur besser als herkömmlicher geförderter Wohnbau." Durch den Verzicht auf Wohnbauförderung könne man sich vor allem eines leisten: die Anpassung der Wünsche an das konkrete Publikum – und nicht an die Förderungsrichtlinien, wie dies sonst immer der Fall ist.

Zur Architektur an sich gibt es nicht wahnsinnig viel zu sagen. Die Fenster sind groß, die Fassaden sind grau, das zurückgesetzte Dachgeschoß und die Erker sind mit Faserzementplatten verkleidet – den Architekturvogel hat man damit jedenfalls nicht abgeschossen. Die Baukosten belaufen sich auf 1380 Euro pro Quadratmeter, der Verkaufspreis liegt bei 2100 Euro. Solides Fazit: wenig Herzklopfen um wenig Geld.

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Mittelmaß für jedermann

Coole Hütten sind nicht jedermanns Sache. Der gemeinnützige Wohnbauträger Austria AG mit Sitz in Mödling ist spezialisiert auf das, was man gemeinhin als unaufregenden geförderten Wohnbau bezeichnen könnte: hier ein Dächlein, dort ein Gäupchen, rundherum das Glück des gemeinsamen Wohnens in Reih und Glied. Doch es gibt keinen Grund zu meckern – das Gros der Bevölkerung erachtet dieses Wohnen als hübsch und schön, und dementsprechend muss die Nachfrage auch gestillt werden.

Eines der besten Projekte der letzten Jahre – so der Wortlaut von Ferdinand Rubel, Vorstandsdirektor der Austria AG – ist die Wohnbebauung Putschermühle in Mödling. Wo einst ein riesiger Bauhof stand, findet sich heute eine Anlage mit insgesamt 88 Wohneinheiten, jeweils zur Hälfte vom Architekturbüro APM und Adolf Straitz geplant.

Mittelpunkt der Wohnhausanlage ist nach wie vor die namensbringende Mühle aus dem Mittelalter, die als denkmalgeschützte Ruine – mehr schlecht als recht – die Stellung wahrt. "Seitens der Stadt besteht durchaus Interesse, aus der Putschermühle etwas zu machen", sagt Rubel, "doch bisher gab es keine Möglichkeiten, denn es mangelt an einem Sponsor."

Und so ließ man die Mühle würdig altern und konzentrierte sich stattdessen auf den Wohnneubau. Die einzelnen Wohnhäuser – herkömmlicher Massivbau – werden einem erhöhten Schall- und Wärmeschutz gerecht, jede Wohnung verfügt über einen kleinen Garten oder eine Terrasse. Die Baukosten belaufen sich auf 6,5 Millionen Euro.

Doch was sind die wirklichen Stärken des Projekts? "Die größte Schwierigkeit war die Bewältigung der verkehrsreichen Straße im Süden", sagt Benedict Marginter vom Architekturbüro APM, "durch interessante Grundrisse haben wir dieses Problem in den Griff bekommen." Man dürfe nicht vergessen, dass gute geförderte Projekte in zentraler Lage in Mödling einfach gut gehen, so der Architekt. Was für den Betrachter bleibt, ist der gute Glaube an das Mittelmaß.

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Wilder Wohnbaumix

Regelmäßig fuhr man an der Baustelle in der Schlachthausgasse vorbei und fragte sich unentwegt, was denn das werde: ein Umspannwerk, ein Bürobau oder gar nur ein expressives Etwas? Seit Herbst 2005 ist das Geheimnis gelüftet. Das Bauvorhaben Schlachthausgasse – repräsentativer Imageträger der WBV-GPA (Wohnbauvereinigung für Privatangestellte) – ist zwar auch teilweise ein Bürohaus, den größten Teil nimmt jedoch das Wohnhaus in Anspruch. Die Architektursprache ist unverkennbar und schreit sich lautstark die beiden Worte Coop Himmelb(l)au aus der Kehle.

An der Stelle des ehemaligen Mautner-Markhof-Kinderspitals steht nun um 24 Millionen Euro (Gesamtbaukosten für Büro- und Wohnhaus) ein schräger und expressionistischer Gebäudekomplex. Formgebend fauchen an der stark befahrenen Schlachthausgasse die Stiegenhäuser in die Höhe und erinnern ein wenig an die konstruktivistischen Zeichnungen von Antonio Sant'Elia. An der Ecke bricht die Architekturkomposition schließlich auseinander und artet in eine metallische Matrix aus: Zwischen geneigten Trägern und Balken klaffen Balkone und Loggien, ganz oben führt sogar eine frei liegende Treppe zur Dachterrasse hoch.

"Das Kopfgebäude ist eine vorspringende Skulptur, die individuell differenziert ist", sagt Wolf Prix von Coop Himmelb(l)au. "Der Wohnbau in der Schlachthausgasse ist ein gutes Beispiel für die hohe Qualität im sozialen Wiener Wohnbau. Er ist ein Rückgrat dieser Stadt."

Und was sagt der Bauträger? "Das Besondere an diesem Wohnbau ist die spektakuläre Architektur", erklärt Michael Gehbauer, Geschäftsführer der WBV-GPA. "Ich muss gestehen, mir persönlich gefällt die Gestaltung ausgezeichnet." Nicht zuletzt erlaube die Architektur unterschiedlichste Gestaltungsmöglichkeiten. Die ruhigen Freiräume wenden sich von der Schlachthausgasse ab. Die meisten der insgesamt 82 Wohnungen haben ihre Loggien und Balkone auf die ruhigere Kleingasse.

Besonders froh ist man bei der Wohnbauvereinigung der Privatangestellten über den Mietermix: Neben dem Jugendzentrum Erdberg haben sich beispielsweise auch das Büro des Österreichischen Integrationsfonds und das bfi (Berufsförderungsinstitut) einquartiert. Ein Wohnbauträger, der mit so einem Projekt voranprescht – das ist durchaus ein lautes Zeichen nach außen, nicht wahr? Gehbauer: "Die Wohnbauvereinigung war immer schon innovativ."

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Studenten wohnen passiv

Im Dickicht der vielen Wohnbauten fällt die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft Migra mit einem Studentenheim in Wien Leopoldstadt aus der Reihe. Gleich ein ganzer Block wurde in der Molkereistraße bebaut, den krönenden Abschluss im Westen bildet das Studentenheim der Architekten Baumschlager & Eberle. Die Präferenzen des Vorarlberger Büros deckten sich perfekt mit jenen von Günther Jedliczka, Geschäftsführer der studentischen Wohnraumverwaltung ÖAD: Für die Wiener Universitäten wollte er ein neues Gästehaus in Passivbauweise schaffen, das einen vorbildhaften Beitrag zum bewussten Umgang mit den Ressourcen dieser Erde leistet.

Warum ist das Studentenheim stolzester Spross der Migra? "So viel ich weiß, war dies das erste Projekt, dass mehrstöckig in Passivbauweise errichtet wurde", sagt Geschäftsführerin Rosa Maria Dopf. "Von der technischen Ausstattung her ist das Gebäude auf dem neuesten Stand und geht mit den Ressourcen zukunftsorientiert um." Demnächst werde man eine Evaluierung machen – damit hat man die Energieeinsparung dann schwarz auf weiß.

Das Studentenheim wurde sogar für den Österreichischen Staatspreis für Architektur und Nachhaltigkeit nominiert. Projektleiter Eckehart Loidolt vom Büro Baumschlager & Eberle erklärt: "Es ist ein klar geschnittener Baukörper, der hoch wärmegedämmt ist – sogar unter der Fundamentplatte." Das Gebäude weist höchste Luftdichtheit auf und wird über ein bizentrales Lüftungssystem mit Wärmerückgewinnung gekühlt und beheizt.

Und schließlich die gestalterische Qualität: Damit die Gänge nicht zu dunklen Schlurfen verkommen, haben Baumschlager & Eberle so genannte Lichtbrunnen ins Stiegenhaus eingeschnitten. Loidolt: "Wir wollten die Gänge bewusst mit Tageslicht fluten und so einen persönlichen Charakter schaffen." Gleiches gilt auch für die Fassade. Um die Vielzahl der 300 Fenster etwas zu bändigen, haben sich die Architekten ein gestalterisches Spiel einfallen lassen: Jeweils zwei Fenster sind von einem Rahmen aus Messingblech gefasst – manuell lassen sich darin die außen liegenden Beschattungsläden hin- und herschieben. Das Resultat ist ein lebendiges Relief. Das Studentenheim in der Molkereistraße fasst 278 Betten in insgesamt 133 Wohneinheiten. Die Baukosten für das 6350 Quadratmeter große Gebäude belaufen sich auf 10,1 Millionen Euro.

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Wagnis aus Alt und Neu

Auch der niederösterreichische Bauträger Alpenland setzt auf die Architekturkarte. Mit dem Projekt Meierhof in Öhling freut man sich über die gelungene Vermählung von Alt und Neu. "Die Kombination aus Sanierung und moderner Architektur haben wir auch schon bei unserem eigenen Firmengebäude gemacht", erklärt Büroleiter Robert Rintersbacher. "Im Falle des Meierhofes ist das Ensemble noch besser geglückt." Zu verdanken sei dies nicht zuletzt dem Architekten Johannes Zieser.

Entstanden ist der historische Meierhof Mitte des 19. Jahrhunderts. Die baufälligen und nur schwer nutzbaren Wirtschaftstrakte wurden abgerissen, der denkmalgeschützte Gebäudeteil wurde saniert und dient dem Bezirk Amstetten nun als Büro- und Verwaltungsbau.

Doch ein Wohnbauträger wäre nicht ein solcher, wenn der Fokus denn nicht auf den Wohnbau gerichtet wäre. Anstelle der alten Wirtschaftstrakte implantierte Zieser zwei quadratische Punkthäuser sowie zwei Wohnriegel. Zieser: "Das Bebauungskonzept von längsgerichteten und punktförmigen Baukörpern ergibt ein maßvoll dichtes Gesamtensemble mit dörflichem Charakter." Im Gegensatz zum alten Meierhof ist die neue Siedlung durchlässig und öffentlich passierbar. Die Umsetzung des Wohnbauvorhabens sei laut Zieser unter anderem ein neuer Impuls für das Ortszentrum von Öhling.

Und was sagt die Architektur? Schlichte dreigeschoßige Kuben schweben bodenenthoben über dem Grundstück. In der Mitte liegen die Wohnungen, rundherum sind sie von einem umlaufenden Loggienband umgeben. Die ebenerdigen Wohnungen haben außerdem Zutritt in den Garten. Die thermische Hülle ist farbig verputzt, für die äußerste Schicht hat sich Zieser eine Komposition aus Blickdichtheit und Durchlässigkeit einfallen lassen: Abwechselnd geben weiße Brüstungen und raumhohe Beschattungslamellen aus Holz der Fassade einen ruhigen Rhythmus.

Um die Ruhe in der Siedlung beizubehalten, wurden alle Autos unter die Erde verbannt. "Auf diese Weise können wir die Blechbüchsen von der Oberfläche verschwinden lassen", sagt Rintersbacher von der gemeinnützigen Wohn-, Bau- und Siedlungsgenossenschaft Alpenland. Fazit: Das Bauvorhaben Meierhof ist stolzester Spross des Hauses Alpenland. Oder – wie Rintersbacher sagt: "Neue Architektur in alter Umgebung ist ein Wagnis. Das Ergebnis ist zwar kontrastreich, aber nicht kontradiktorisch."

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