"Eine wahre Revolution", nennt es EDF-Vorstand Pierre Gadonneix: Nach 60 Jahren Alleinherrschaft in seinem Heimmarkt verliert der größte europäische Stromkonzern sein verbrieftes Monopol über 25 Mio. Stromkonsumenten. Frankreich kommt damit wie andere EU-Länder im letzten Moment der Vorgabe Brüssels nach. Große EU-Partner wie Deutschland und England haben ihre Strommärkte allerdings schon 1998 geöffnet.

In Frankreich konnten bisher erst die Unternehmen ihren Energieanbieter frei wählen. Nun gilt das auch für sämtliche Haushalte. Wegen der mehrwöchigen Anmeldefrist weiß man schon jetzt, wie viel Privatpersonen auf den 1. Juli ihr Abonnement bei EDF aufgeben und auf einen anderen Stromoperateur umsatteln. Sie gehen nicht in die Millionen, ja nicht einmal in die Tausende: Ganze 350 kündigen ihr Abo bei der EDF – das sind 0,001 Prozent aller privaten Strombezieher Frankreichs. Den Hauptanteil ergattert das Unternehmen Poweo.

Kein Zurück

Laut Meinungsumfragen rechnen sie eher mit höheren Preisen. Niemand glaubt, dass die "freien", also von Privatunternehmen angebotenen Stromtarife jemals tiefer liegen werden als das staatlich regulierte Angebot der beiden Staatsunternehmen Électricité und Gaz de France (GDF). Der Grund ist einfach: EDF verfügt über billigen Atomstrom.

Und im Strommarkt können die Haushalte nicht einmal mehr zurück zur EDF wechseln, wenn sich die privaten Tarife zum Beispiel als überrissen erweisen sollten. Wer die EDF verlässt, tut das für immer: So will es die neue französische Regelung. Sie widerspricht jedem Geist der Liberalisierung und wird zur Folge haben, dass noch weniger Bezieher den Schritt in die freie Strom-Marktwirtschaft wagen werden. (Stefan Brändle aus Paris, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.6.2007)