Wien - Der Börsegang der Energie AG Oberösterreich (EAG), für den der Landtag in Linz voraussichtlich am Donnerstag kommender Woche grünes Licht geben wird, könnte im Februar 2008 über die Bühne gehen. Der Wert der EAG, die zu rund 40 Prozent an den Kapitalmarkt gehen soll, dürfte dabei an die zwei Mrd. Euro ausmachen, schätzen mit der Sachlage vertraute Kreise.

Dementsprechend könnte eine Kapitalerhöhung, wie sie beim IPO möglich wäre, 200 bis 300 Mio. Euro hereinspielen. Diese Summe würde nicht dem Land, sondern dem Unternehmen selbst zugute kommen. Den Großteil aus der Emission würde freilich das Land Oberösterreich lukrieren, das derzeit knapp 94 Prozent hält - 6,25 Prozent gehören der Linz AG - und sich auf 51 Prozent zurückziehen würde.

Mitarbeiter-Beteiligung

Die EAG-Mitarbeiter könnten insgesamt mit bis zu fünf Prozent an ihrem Versorger beteiligt werden - und dies zu besonders günstigen Konditionen. Außer einem 15-prozentigen Bonus als Rabatt soll ihnen auch ein Steuervorteil im Ausmaß von bis zu 1.460 Euro zu Gute kommen; samt diesem EStG-Freibetrag könnten sie die EAG-Aktien um bis zu 30 Prozent billiger erwerben.

Ein früherer Termin als der Februar 2008 für den Börsegang wird nach aktuellen Informationen nicht angestrebt. Argument: Dann würde für den Emissionsprospekt die "normale" Bilanz zum Geschäftsjahrsende 2006/07 im Herbst ausreichen. Ein IPO im Eiltempo noch im heurigen Jahr, zum Beispiel im Oktober, würde dagegen eine Zwischenbilanz etwa per Juni erfordern.

Volksbefragung

Konterkariert werden könnten die Börse-Vorbereitungen durch eine Volksbefragung, die Oberösterreichs SPÖ-Chef Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider nach dem für 5. Juli erwarteten grünen Licht des Landtags für eine Teilprivatisierung der EAG rasch starten dürfte. Die Latte für eine Behandlung im Landtag liegt mit 81.000 Stimmen hoch, scheint aber nicht unerreichbar. Bis zu sechs Monaten wäre Zeit zum Unterschriftensammeln, innerhalb eines weiteren halben Jahres müsste das Votum von der gesetzgebenden Körperschaft des Landes behandelt werden, die allerdings an das Ergebnis nicht gebunden ist.

Ihren Mittelfrist-Plan bis 2015 gedenkt die EAG im übrigen mit oder ohne Börsegang durchzuziehen. Auch ohne IPO will man bis in acht Jahren Umsatz und Ergebnis verdoppeln. In der laufenden Periode 2006/07 soll das Ebit trotz des vergangenen milden Winters eine Größenordnung von "120 Mio. Euro plus" erreichen, nach 94 Mio. Euro bei knapp 1,1 Mrd. Euro Umsatz im vorangegangenen Geschäftsjahr und 84 bzw. 69 Mio. Euro davor. "Die Story wird eine gute Chance haben, an der Börse zu reüssieren", ist man überzeugt.

SPÖ startet Unterschriftenaktion

Die SPÖ geht davon aus, dass die ÖVP und die Grünen mit ihrer Mehrheit bei der Landtagssitzung am kommenden Donnerstag die Teilprivatisierung über einen Börsegang der EAG beschließen werden. Das sei Grund genug für eine Bürgerbefragung, um zu verhindern, dass die "Versorgungssicherheit" - Sicherung des Wassers, der Kraftwerke und des Stromnetzes - in Oberösterreich dem "Risiko von Börsenspekulanten" ausgesetzt werde. Deshalb wird vorerst auch mit einem Sujet ""Heimische Forellen statt Börsenhaie" geworben.

Jeder Oberösterreicher, der am Tag der Unterschrift das 18. Lebensjahr vollendet hat, kann die von der SPÖ gestartete Bürger-Initiative mit der offiziellen Bezeichnung "Kein Börsegang der Energie AG !" unterstützen, entweder mit einer Unterschrift am jeweiligen Wohnsitz-Gemeindeamt während der Öffnungszeiten oder von einem Notar beglaubigt. Sobald gesichert sei, dass die gesetzlich geforderten 81.000 gültigen Unterschriften vorhanden seien, würden sie beim Landtag eingereicht. Daran ist dieser jedoch nicht gebunden. Aber: "81.000 Unterschriften wären eine Chance, noch einmal über andere Lösungen nachzudenken", stellte Haider fest. Aber wenn der Landtag auf seinem Beschluss beharre, müsse er innerhalb von vier Wochen eine Volksbefragung (Abstimmung an einem Tag) ausschreiben. Sollte sie gegen einen Börsegang ausgehen, könnten sich Schwarz-Grün auch darüber hinwegsetzen, das wäre aber demokratiepolitisch gesehen "eine negative Sensation", sagte der SP-Vorsitzende.

Bis zum Dezember

Er geht davon aus, dass die erforderlichen Unterschriften spätestens im Dezember beisammen seien. Das wäre noch rechtzeitig. Denn der Landtagsbeschluss am Donnerstag sei erst der Anfang der Privatisierung, der Börsegang könnte frühestens im Februar oder März durchgeführt werden.

Denkmaier versicherte, bei der Aktion handle es sich um kein "Vorwahlthema", auch wenn im Herbst 2009 in Oberösterreich Landtags-, Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen auf dem Programm stünden. Die SPÖ sei grundsätzlich dafür, dass die EAG zu 100 Prozent im öffentlichen Eigentum bleibe. Der Trend gegen eine Privatisierung der Daseinsvorsorge sei europaweit aktuell.

"Vorgezogener Wahlkampf"

ÖVP und Grüne, die für den Börsegang EAG eintreten, haben in einer ersten Reaktion den Start der SPÖ-Bürgerinitiative als "vorgezogenen Wahlkampf" kritisiert. ÖVP-Geschäftsführer Thomas Stelzer und die Landesgeschäftsführerin der Grünen, Lätizia Gratzer, versicherten, es gebe bei dem Börsegang keinen Grund zur Besorgnis.

Stelzer betonte, im Finanzausschuss des Landtages hätten sich drei Parteien - ÖVP, Grüne und FPÖ - für einen Teilbörsegang der Energie AG ausgesprochen, lediglich die SPÖ habe als einzige Partei dagegen gestimmt. Die SPÖ stelle sich aber auch gegen den Willen des Unternehmens und vor allem auch gegen die Interessen der Mitarbeiter. Der Teilbörsegang solle der EAG in Zukunft noch bessere Entwicklungs- und Wachstumsmöglichkeiten bieten und die künftige Versorgungssicherheit gewährleisten. Die von der SPÖ angestrebte mögliche Bürgerbefragung sei nichts anderes, als ein vorgezogener Wahlkampf der SPÖ, bei dem sie versuche, das Land zu spalten und Ängste und Verunsicherung zu schüren.

Gratzer argumentierte ähnlich. Sie erklärte zudem, die Unterschriftenaktion gehe völlig an der Wirklichkeit vorbei. Das Ziel, Energie und Wasser bei einem Teilbörsegang sicherzustellen, sei längst von den Grünen durch das Durchsetzen der fünf grünen Bedingungen verwirklicht. Und im Gegensatz zu den SPÖ-Aussagen bleibe die Energie AG selbstverständlich mehrheitlich in öffentlicher Hand. Das Wasser werde zurückgekauft, eine umweltorientierte Energiepolitik hin in Richtung Energiewende sei festgeschrieben, ein Teil der Erlöse werde zur Umsetzung von mehr Energieautarkie im Unternehmen bleiben, ein starker oberösterreichischer Kernaktionär werde garantieren, dass kein ungewünschter Aktionär ein Mitgestaltungsrecht durch mehr als 25 Prozent der Aktien erhalten könne. (APA)