Die Beratungsstelle der Afrikanischen Frauenorganisation Wien für weibliche Genitalverstümmelung "Bright Future", die die Stadt Wien bei ihrer Eröffnung vor nur zwei Jahren als großen Erfolg in der Bekämpfung von FGM bezeichnet hat, soll ab September dieses Jahres keine Fördergelder mehr erhalten. Ihre Aufgaben soll Fem Süd, das Gesundheitszentrum für Frauen, Eltern und Mädchen in Wien, bereits ab 1. Juli übernehmen. Die Entscheidung der Frauenstadträtin Frauenberger wurde der betreffenden Stelle erst im Juni mitgeteilt.

Vorreiterinnenrolle

"Bright Future" ist die erste FGM-Beratungsstelle (Female Genitale Mutilation) in Österreich. Sie wurde am 23. Juni 2005 als Ergebnis jahrelanger erfolgreicher Arbeit des Vereins mit Unterstützung der Stadt Wien errichtet. Seit 10 Jahren macht der Verein Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zu FGM, erstellt Studien und bringt seine Expertise in der Politik- und Communityberatung und in der Ausbildung von MultiplikatorInnen ein. 1998 startete der Verein erstmals eine breite Kampagne gegen weibliche Genitalverstümmelung und hat sich seitdem eine umfassende Expertise für diese Form der Gewalt gegen Frauen und Mädchen angeeignet. Im Oktober 2000 wurde erstmals eine Studie zu FGM in Österreich vom Verein veröffentlicht. Die Studie wurde unter anderem von der MA 18 gefördert. Die Afrikanische Frauenorganisation ist Mitglied im Europäischen Netzwerk gegen FGM.

Kritik

Die Grüne Gemeinderätin und Integrations-und Menschenrechtssprecherin Alev Korun kritisierte den Beschluss zum Förderstopp und die Vorgehensweise in einer Aussendung: "Warum entzieht man einem unabhängigen Verein, der FGM in Wien und Österreich überhaupt zum Thema gemacht hat, die Fördermittel und will die Beratung zu einer Einrichtung transferieren, die über diese Kompetenz nicht verfügt?" Zudem sei der Entschluss zu knapp mitgeteilt worden.

Das Expertinnenkomitee von "Bright Future" lehne den Förderstopp natürlich ab, so Kovun weiter. Man sammelt bereits Unterschriften gegen die Schließung - man wolle die unabhängige Beratung auf jeden Fall fortsetzen.

Antrag

Die Grünen haben daraufhin im Integrationsausschuss den Stopp der Förderung von "Bright Future" abgelehnt, heißt es in der Aussendung weiter. Zudem soll am Mittwoch im Gemeinderat ein Antrag zum Erhalt und Ausbau von "Bright Future" gestellt werden. Darin heißt es: "Die Beratungsstelle soll weiterhin vom Verein Afrikanische Frauenorganisation Wien getragen werden. Die Magistratsabteilung 57 – Frauenförderung und Koordinierung von Frauenangelegenheiten - soll gemeinsam mit dem Verein ein Konzept erarbeiten, wie der Know-How-Transfer zwischen den verschiedenen Organisationen, die mit FGM-Betroffenen in Kontakt kommen, optimiert und die Vernetzung und Zusammenarbeit gefördert und verbessert werden können. Die Ressourcen sind den geänderten Anforderungen anzupassen." Man hofft auf eine Unterstützung der Sozialdemokraten, um den Stopp der Förderung zu verhindern. (red)

>>> Weitere Auszüge aus dem Antrag der Grünen Korun

"Genitalverstümmelung von Frauen ist eine Form von Gewalt gegen Frauen. Sie wird in 28 afrikanischen Ländern, sowie in einigen Ländern des Nahen Ostens wie auch in Asien praktiziert. Es ist bekannt, dass FGM auch außerhalb dieser Länder, also auch in Österreich, durch MigrantInnen aus oben erwähnten Ländern angewendet wird bzw. MigrantInnen ihre Töchter in ihren Herkunftsländern während eines Urlaubs einer FGM-Anwendung unterziehen. Genaue Zahlen gibt es jedoch nicht. Zum Schutz der Töchter von EinwanderInnen vor einem FGM-Eingriff reichen Gesetze nicht aus. Basisorientierte Anti-FGM-Aktivitäten zur Bewusstseinsbildung bei den MigrantInnen über die Folgen einer FGM-Anwendung ist notwendig. Die Afrikanische Frauenorganisation hat Pionierinnenarbeit dazu in Österreich geleistet.

Trotz des Erfolgs soll die Beratungsstelle Bright Future von AFO nicht länger durch die Stadt Wien finanziert werden. Die offizielle Begründung für das Aus von Bright Future lautet, dass eine Evaluation ergeben habe, das Zusammentreffen von Personen unterschiedlicher kultureller Herkunft am Afro-Asiatischen Institut, in dem der Verein ansässig ist, problematisch und die Wahrung von Anonymität schwierig sei. Durch die Trägerschaft der Beratungsstelle durch den Verein Afrikanische Frauen Wien würden sich Frauen und Communities aus nichtafrikanischen Ländern wenig angesprochen fühlen, wodurch die potentielle Zielgruppe eingeschränkt bleibe.

Statt der bereits etablierten FGM-Beratungsstelle Bright Future soll eine neue Stelle im FEM-Süd im Kaiser–Franz-Josef Spital ohne bislang vorhandene Expertise aufgebaut werden. Dadurch werden nicht nur Probleme (vermeintlich) gelöst, sondern auch neue Probleme geschaffen. Eine derart große medizinische Einrichtung, wie das FEM- Süd sie darstellt, hat umfangreiche Aufgaben zu erfüllen. FGM ist nur ein Problem unter vielen anderen auch. Die Verlagerung der FGM-Beratungseinrichtung in den medizinischen Kontext unterstellt, dass FGM ein rein medizinisch-therapeutisches Problem darstelle und als solches auch wahrgenommen wird. Diese Perspektive greift allerdings viel zu kurz. Zudem ist das Krankenhaus im Bewusstsein und aufgrund der Erfahrungen von Menschen nach wie vor ein hierarchisch autoritärer Ort.

Um die hohe Expertise des Vereins Afrikanische Frauenorganisation Wien nicht zu verlieren und das jetzt über zwei Jahre erworbene Vertrauen der Klientinnen in die Beratungseinrichtung nicht zunichte zu machen, wäre statt einer Auflösung der Beratungsstelle von AFO ein Weiterentwicklungskonzept unter Berücksichtigung der gewonnenen Evaluationserkenntnisse sinnvoll." (red)

AFRIKANISCHE FRAUENORGANISATION Schwarzspanierstraße 15, A-1090 WIEN Tel. (43-1) 319-26-93, Fax: (43-1) 310-51-45-312 E-mail:

Hiermit unterstütze ich das Anliegen der Afrikanischen Frauenorganisation (AFO) für den Erhalt der FGM-Beratungsstelle der AFO in 1090 Wien, Schwarzspanierstraße 15.

Die Afrikanische Frauenorganisation ist seit vielen Jahren in der Prävention und Bewusstseinsbildung von FGM (Female Genital Mutilation / Weibliche Genitalverstümmelung) tätig und engagiert. Sie arbeitet gemeinsam mit der österreichweiten afrikanischen Community und ist dort angesehen und akzeptiert.