Zagreb/Belgrad - "Ich möchte mich bei allen Bürgern Kroatiens und allen Angehörigen des kroatischen Volkes entschuldigen, die von Angehörigen meines Volkes unglücklich gemacht worden sind. Ich übernehme dafür die Verantwortung", erklärte der serbische Staatspräsident Boris Tadic am Sonntag in einem Interview im kroatischen Staatsfernsehen. Serben, Kroaten, Bosniaken und Albaner hätten es bisher verabsäumt, sich für für die Verbrechen, die sie an anderen Volksgruppen begangen haben, zu entschuldigen, sagte Tadic.

Diese erste Entschuldigung eines hohen serbischen Funktionärs für die Kriegsverwüstung in Kroatien, bei der über 20.000 Menschen das Leben verloren, wurde von kroatischen Medien als eine Bestätigung dafür gewertet, dass sich die bilateralen Beziehungen zwischen Belgrad und Zagreb konstant verbessert haben.

Tadic war auch der erste serbische Staatsmann, der sich in Bosnien vor drei Jahren für die von Serben begangenen Verbrechen, vor allem für den Völkermord in Srebrenica, entschuldigt hatte. Das "Pulverfass Balkan" sei endlich leer, sagte der kroatische Präsident Stjepan Mesic am Sonntag zu Beginn einer Konferenz über die Energieversorgung von Süd-Ost-Europa, an der neben den Staatschefs der Region auch Russlands Präsident Wladimir Putin teilnahm.

Stärkere Beziehungen

Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den Länder der Region würden immer stärker, nationalistische Gruppen auf allen Seiten könnten das nicht aufhalten, erklärte Mesic, der in Tadic einen Partner für die Überwindung der Belastungen durch die Kriegsvergangenheit zwischen Serbien und Kroatien sieht.

In Kroatien hat in der vergangenen Woche der erste Kriegsverbrecherprozess begonnen, den das UN-Tribunal in Den Haag an die einheimische Justiz delegiert hat. Den ehemaligen kroatischen Generälen Rahim Ademi und Mirko Norac wird vorgeworfen, zwischen 1991 und 1995 Massaker an serbischen Zivilisten und Gefangenen zugelassen zu haben. Sowohl in Serbien als auch in Kroatien verleugnen starke rechts-nationale Kräfte die eigenen Verbrechen. Dagegen weisen viele Bürgerorganisationen und Parteien auf beiden Seiten darauf hin, dass die ausgebliebene Aufarbeitung des Krieges in Ex-Jugoslawien unbedingt nachgeholt werden müsse. (Andrej Ivanji/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2007)