Wien/Neu-Delhi - "Indien ist ein Markt, den man nicht mehr ignorieren kann", lautet die Kernbotschaft von Hans-Jörg Hörtnagl, österreichischer Außenhandelsdelegierter in Neu-Delhi. Vor allem in den Bereichen Infrastruktur, Kfz-Zulieferindustrie und der Elektronikbranche sieht Hörtnagl das größte Potenzial für österreichische Firmen. Auch der Umweltbereich könnte interessant werden: "Ein Umweltbewusstsein ist in Indien noch nicht vorhanden, aber es wird sich entwickeln."

Österreichs Handelsketten hingegen müssen sich mit einem Start in Indien noch gedulden. Eine aktuelle A.T.-Kearney-Studie, über die der STANDARD am Freitag berichtet hat, bezeichnet Indien aufgrund der wachsenden Mittelschicht zwar als interessantesten Markt für internationale Ketten mit der Einschränkung, dass der Einzelhandel für ausländische Firmen ist noch nicht geöffnet ist.

Wenige Supermärkte

"In Neu-Delhi gibt es momentan für 15 Millionen Menschen nur zwei Supermärkte", sagte Hörtnagl. Der Großteil seien Märkte und kleine Geschäfte mit drei bis vier Mitarbeitern. Es werde sich also noch sehr viel tun in diesem Bereich.

In Indien gibt es derzeit 65 österreichische Niederlassungen - allein in den letzten zwei Jahren kamen 15 neue Firmen hinzu. Weitere zehn Niederlassungen seien in Vorbereitung. Firmen, die sich in Indien positionieren wollten, rät Hörtnagl: "Information und die Wahl der indischen Partner sind das Wichtigste."

Aber nicht alle sind so optimistisch: Seit letzten Oktober sprechen Experten von einer drohenden "Überhitzung" der Wirtschaft. Hörtnagl: "Tendenzen sind da. Ein gewisses Wachstum wird man halten können, aber nicht in der momentanen Höhe." Indiens Wirtschaft ist 2006 um 9,4 Prozent gewachsen, in Zukunft könnten es sieben bis acht Prozent werden.

Neuer Rekord

2006 hat Österreichs Handelsvolumen mit Indien mit knapp 683 Mio. Euro erneut einen Rekord erzielt. Die österreichischen Exporte sind um 23,3 Prozent gestiegen, wobei vor allem Maschinenbauerzeugnisse und Fahrzeuge ausgeführt wurden. Die wichtigsten Importprodukte waren Bekleidung und Maschinen.

Ein wichtiger Schritt für die Zusammenarbeit zwischen Indien und dem Westen wird Anfang nächster Woche in Brüssel gesetzt: Es beginnen die offiziellen Verhandlungen für ein Handelsabkommen zwischen Indien und der EU - dem wichtigsten Handelspartner. Ein Ergebnis könne man aber erst in ein bis zwei Jahren erwarten, sagte Hörtnagl. Für jene, die nicht so lange warten möchten, gibt es von 25. bis 27. Juni in Wien, Linz und Salzburg die Veranstaltung "Going to India'" der Wirtschaftskammer. (Maria Fanta, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23./24.6.2007)