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Endokrinologe Johannes Huber wird wegen seiner käuflichen "Zelltherapie" von Kollegen heftig kritisiert

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Dendritische Zelle: medizinisch alter Hut als neue "Sensation" verkauft

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Wien - In den vergangenen Tagen liefen die Telefone der Österreichischen Krebshilfe heiß. "Tausende Krebspatienten meldeten sich in unseren 40 Büros, die mehr über die Zelltherapie wissen und sich dafür anmelden wollten", sagt ihr Präsident, der Wiener Gynäkologe Paul Sevelda einigermaßen sauer. "Hier wurde eine medizinische Vision so dargestellt, als ob sie klinisch schon wirksam wäre - was aber ganz und gar nicht den medizinischen Tatsachen entspricht."

Kritik der Meduni Wien

Doch nicht nur der Präsident der Krebshilfe ist verärgert. Die Leitung der Medizin-Universität Wien kritisierte in bislang einmaliger Weise zwei ihrer prominentesten Mitarbeiter: Wolfgang Schütz, der Rektor der Universität distanzierte in einem Brief an alle wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universitätskliniken distanzierte sich von Johannes Huber und Sepp Leodolter, zwei leitende Mediziner an der Universitätsklinik für Frauenheilkunde, die "Zelltherapie" als für Patienten kaufbare "neue Waffen gegen den Krebs" angepriesen hätten.

"Medizin-Sensation"

Geschehen war das in einer Covergeschichte der Nachrichtenillustrierten News. Unter der Überschrift "Neue Waffen gegen Krebs" war da am Cover von einer "Medizin-Sensation" die Rede, und "Wie zwei Wiener Top-Ärzte Krebs mit Zelltherapie besiegen wollen". Im Blattinneren folgte über sechs Seiten ein euphorischer Bericht über die vermeintlich neue Stammzellentherapie, über zwei angeblich geheilte Patientinnen und über die Firma Cell Med Research GmbH, die diese Zelltherapie für 14.000 Euro anbietet.

An den Wiener Universitätskliniken beziehungsweise am AKH ist seit Veröffentlichung dieses Texts Feuer am Dach. Zahlreiche Patienten meldeten sich nach Erscheinen des Text, was sowohl die Medizinische Universität Wien als auch das AKH zum Handeln brachte.

Stellungnahme

Nun wurde mit Hilfe zahlreicher international anerkannter Experten eine Stellungnahme verfasst, die mit etlichen medizinischen Fehlinformationen im News-Bericht aufräumte:

  • Die Therapie mit dendritischen Zellen (...) ist weder neu noch etabliert. Seit etwa einem Jahrzehnt werden Studien bei Krebs mit diesem immunologischen Behandlungsansatz (auch am AKH) durchgeführt.
  • Der Erfolg dieser Therapie ist trotz massiven Einsatzes von Ressourcen an vielen renommierten Zentren - auch international - bisher eher bescheiden geblieben. Die hier erwähnte Methode reiht sich bestenfalls in den Kreis dieser experimentellen Ansätze ein."

Besonders eindeutig wurde dagegen Stellung bezogen, dass man für die experimentelle Therapie auch noch zahlen müsse:

  • Zur Testung neuer Therapieverfahren sind klinische Studien für einen Wirksamkeitsnachweis durchzuführen. Es ist daher völlig unüblich, dass Patienten für die Kosten einer Therapie aufkommen müssen.

Reaktion der Ärztekammer

"Äußerst unglücklich" zeigte sich auch die Wiener Ärztekammer über die Berichterstattung. Bei den Patientinnen würden hier Hoffnungen geweckt, die so nicht erfüllbar wären, betonte dazu der Vorsitzende der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Thomas Szekeres.

Mögliche Konsequenzen

Möglicherweise könnte es für die Proponenten - unter ihnen die bekannten Gynäkologen Sepp Leodolter und Johannes Huber - auch disziplinarrechtlich Konsequenzen geben, hieß es in einer Aussendung der Standesvertretung.

Die Wiener Ärztekammer werde zudem überprüfen, inwieweit tatsächlich Verletzungen der ethischen und standesrechtlichen Regeln des Ärztestandes vorliegen." Szekeres: "Sollte sich dies bestätigen, werden wir das Vorgehen der betroffenen Kollegen disziplinarrechtlich verfolgen." Besondere Pikanterie erhält diese Androhung dadurch, dass Huber, der auch Theologie studiert hat, Vorsitzender der Bioethikkommission im Bundeskanzleramt ist.

Huber wehrt sich

Huber selbst sieht sich auf Nachfrage nicht wirklich für die Art der Berichterstattung verantwortlich. "Wenn man jemand schlägt, muss man den schlagen, der das getan hat." Man hätte vor einem Symposium zur Zelltherapie vergangene Woche ein Gespräch mit Medienvertretern über die Inhalte der Veranstaltung gehabt.

Vorwürfe zurückgeweisen

Den Vorwurf finanzieller Einnahmen aus einer noch nicht etablierten Therapieform wies Huber für sich und Sepp Leodolter zurück: "Wir haben keinen Euro Honorar bekommen. Es ist sehr ungerecht, wenn man uns ökonomische Interessen vorwirft." Man hätte den Patienten bloß den Selbstkostenpreis verrechnet. Huber: "Wir machen in erster Linie Studien."

Bei den bisher Behandelten hätte es sich vor allem um Deutsche gehandelt. Der Gynäkologe: "Die ersten rund 20 Patienten waren nur deutsche Patienten. Die deutschen Krankenkassen übernehmen die Kosten von Fall zu Fall." Hier gäbe es in Deutschland auch entsprechende Gerichtsurteile. Da es in Deutschland einen Engpass für die Behandlung gäbe, seien die Patienten an das NÖ-Unternehmen herangetreten.

Nun soll es in der Angelegenheit auch an der Medizinischen Universität Wien weiter gehen. Huber verweist darauf, dass er ein Gespräch mit dem Rektor haben werde. "Es kann ja sein, dass er einseitig informiert wurde." (DER STANDARD, Printausgabe, Klaus Taschwer, 22.6.2007)