Die "Neue Vorarlberger Tageszeitung" ("Neue") hat in einer Anfang Juni eingereichten Wettbewerbsklage gegen den ORF einen ersten Erfolg erzielt. Das Handelsgericht Wien erließ eine Einstweilige Verfügung im Sinne der "Neuen". Im Gespräch mit der APA sah "Neue"-Anwalt Michael Krüger dies als Vorentscheidung für die Klage. Der Gesamtstreitwert ist mit 36.000 Euro angesetzt.

Anlass der Auseinandersetzung ist ein Radio-Bericht des ORF Landesstudios Vorarlberg von Anfang Mai über eine angeblich geplante Umwandlung der "Neuen" von einer Tages- in eine Sonntagszeitung. Darin wurde bezogen auf die Auflage der Tageszeitung während der Woche wörtlich gesagt: "Zuletzt wurden nur noch 7.000 Stück verkauft". Der durchschnittliche Empfänger verstehe diese Nachricht dahingehend, "dass die Verkaufszahlen im Sinken befindlich seien, obwohl dies tatsächlich seit 2004 nicht der Fall ist", hieß es in der Beurteilung des Gerichts.

Kreditschädigend

Die Aussage erweise sich daher sowohl als irreführend als auch als herabsetzend im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Insbesondere aber sei sie kreditschädigend, stellte das Handelsgericht fest.

Für Robert Thoma, Chefredakteur der "Neuen", war die Einstweilige Verfügung keine Überraschung. "Auch wenn man im Wettbewerb steht, sollte man eine gewisse Fairness walten lassen und wenigstens mit korrekten Zahlen operieren", sagte Thoma. Die Berichterstattung des ORF sei "jenseits davon" gewesen, so der Chefredakteur auf APA-Anfrage Sonntag früh. "Das Gericht sieht das auch so", so Thoma. Auch wenn es sich nicht um ein endgültiges Urteil handle, habe das Gericht die rechtliche Beurteilung bereits vorgenommen, erklärte der Chefredakteur.

Vorarlbergs ORF-Landesdirektor Wolfgang Burtscher betonte am Sonntagmorgen, es liege im Moment ausschließlich eine Einstweilige Verfügung vor, in der Klage sei noch keine Entscheidung gefallen. Über die Berichterstattung der "Neuen" sei er deshalb erstaunt und überrascht, so Burtscher. Die "Neue" hatte in der Sonntagsausgabe unter dem Titel "Kampagne gegen Neue: Gericht verurteilt ORF!" von einem Urteil berichtet.

"Kein schlechtes Gewissen"

Burtscher betonte, dass gegen die Auflagenzahlen in dem Bericht geklagt wurde. "Nicht geklagt wurde gegen die Berichterstattung, dass es Pläne zur Umwandlung in eine Sonntagszeitung gibt", unterstrich Burtscher. Auf die Frage, ob er der Klage weiter gelassen entgegensehe, erklärte der ORF-Landesdirektor, man habe bei den Auflagenzahlen die ÖAK zitiert, "aber nach der Einstweiligen Verfügung lässt sich der Schluss ziehen, dass das Gericht diesen Punkt so sieht". Man müsse das Urteil abwarten. Bezüglich der Berichterstattung habe er "nach wie vor kein schlechtes Gewissen", so Burtscher.

Dass die "Neue" tatsächlich in eine reine Sonntagszeitung umgewandelt werden könnte, hat Thoma noch am Tag des ORF-Radio-Berichts als "Spekulation" bezeichnet. Was geplant sei, sei ein Ausbau der Sonntags-Ausgabe, kündigte Thoma an. Als er vor rund zwei Wochen konkreter über diese Pläne informierte, sprach Thoma hinsichtlich der kolportierten Auflassungsszenarien gar von "blankem Unsinn". (APA)