Auf Booten werden die Waren auf die Märkte transportiert.

Foto: Thailand Tourismus

Auf den Straßenküchen gibt es Gelegenheit die thailändische Küche zu probieren.

Foto: Thailand Tourismus
Wie ein kleiner Fisch in einem riesigen Schwarm, der scheinbar ziellos aber intuitiv einmal nach rechts und einmal nach links schwenkt, plötzlich auseinander stiebt, nur um sich wieder in einer neuen Formation zusammenzufinden - ungefähr so fühlt man sich beim Durchstreifen eines der größeren Straßenmärkte Bangkoks. Begrenzt durch verstopfte Straßen, auf denen sich Tuk Tuks, Taxis und Busse in halsbrecherischen Überhol- und Ausweichmanövern aneinander vorbei drängeln, eröffnet sich in den schmalen Seitengassen ein Kaleidoskop von Farben, Gerüchen und Geschmäckern, das zu erkunden selbst dem mit einem geringen Zeitbudget ausgestatteten Touristen unbedingt ans Herz gelegt sei. Nicht nur weil Bangkoks Thalads (Märkte) quasi die Pulsadern des Stadtlebens sind, sondern auch weil sich dort ein Hauch von den verschiedensten Facetten Asiens einatmen lässt.

So wie in China Town, das seit jeher der wichtigste Warenumschlagplatz Bangkoks ist und wo nach wie vor nur vereinzelt Touristen anzutreffen sind und fast alles in chinesischen Zeichen angeschrieben ist. Bereits zur Zeit der Stadtgründung 1782 wurden chinesische Händler in dem Viertel flussabwärts des historischen Zentrums ansässig, da sie Platz machen mussten für den Bau von Palästen und Regierungsgebäuden. Heute stehen in den kleinen Straßen noch immer viele der typischen niedrigen chinesischen Reihenhäuser, in denen das Erdgeschoss als offene Verkaufs- und Lagerfläche und der Oberstock als Wohnraum dient. Es lohnt sich also, den Blick auf die filigrane, vom Verfall gezeichnete Architektur zu richten - was allerdings nicht leicht fällt angesichts der Massen an Waren, die am holprigen Pflaster ausgebreitet, auf Handkarren gehäuft oder in den schummrigen Schlünden von weit nach hinten reichenden Läden bis an die Decken gestapelt sind.

Einmal eingetaucht in eine von den Schirmen der Verkäufer fast völlig überdachten Gassen, braucht man sich nur treiben zu lassen, um nach und nach dem System hinter dem Gassengewirr auf den Grund zu kommen: In einer Straße sind viele Mütter mit ihren Töchtern unterwegs, die staunend vor den zig pink leuchtenden Ständen stehen, die Polster, Taschen, Spangen, Stifte und alle erdenklichen "Hello-Kitty"-Imitate anpreisen, dahinter kommt die "Bubengasse" mit bunten Plastiktraktoren und anderen Spielsachen. Es gibt eine Gasse mit Schulbedarf und mit Kinderschuhen. Eine Querstraße weiter werden nur auf Gittern aufgehängte Billig-Flip-Flops angeboten, dann chinesische Kleider, Lampenschirme und dazwischen, in einer offeneren Straße, exotisches Obst und Gemüse. Ein Stück weiter dann Elektrogeräte in Hülle und Fülle: Waschmaschinen, Radios, Computerteile. Dann Werkzeuge. Und natürlich gebrannte DVDs und CDs in dünnen Hüllen. Ein alter Mann verkauft auf dem Boden Brillen in verschiedener Stärke, eine Frau und ihr kleiner Sohn Glückssparschweine zu 10 Baht (25 Cent) mit unterschiedlichen chinesischen Zeichen darauf, unter denen die Kunden sorgfältig das passende auswählen. Auch Reis- und Gewürzhändler dürfen in Chinatown nicht fehlen, das besonders für seine Goldhändler, in deren klimatisierten Läden sich Schmuck türmt, berühmt ist. Auch wenn hier nicht alles Gold ist, was glänzt - auf jeden Fall sind es die Türmchen der Tempel, die sich unverhofft aus den bienenstockartigen Straßenmärkten erheben.

Zwar wesentlich kleiner, aber genauso lebendig ist Pahurat, das indische Viertel nördlich von Chinatown. Hier leben und handeln die turbangekrönten Sikhs und Hindus, vor allem mit Stoffen. In den Straßen dominiert der Duft von Zimt, Pfeffer, Kardamom und Parfum, die Rhythmen von indischer Musik im Bollywood-Stil versuchen, das Hupen der Motorroller und Autos zu übertönen.

Bangkok ist nicht nur Knotenpunkt für Touristen, sondern auch für Waren aus ganz Asien, von Kambodscha, Laos und Vietnam bis nach Afghanistan und Tibet. Die ganze Bandbreite bekommt man in Chatuchak, dem Markt Bangkoks schlechthin. Jedes Wochenende wälzt sich eine viertel Million Menschen bei Saunatemperaturen durch das aus etwa 9000 Ständen und Läden bestehende Labyrinth - ungeachtet der unzähligen klimatisierten Shopping-Malls der Stadt, welche vor allem die jüngeren Thais längst als hippe Szene-Treffpunkte und Ausstatter in Beschlag genommen haben.

In Chatuchak aber bekommt man wirklich alles - sofern man sich in dem Gewirr aus nummerierten Sektionen, Straßen und Ständen zurechtfindet: Tanks voll siamesischer Kampffische, Antiquitäten, Orchideen, in Käfige gepferchte Hühner, Hunde und Schlangen, Musikinstrumente, religiöse Amulette, Sarongs, trendige Mode junger Designer, Opiumpfeifen, sämtliche Jahrgänge obskurer Fachzeitschriften, Geschirr, das sich in den Ethno-Abteilungen von heimischen Einrichtungshäusern um einen vielfachen Preis wiederfindet, und, nicht zu vergessen, immer besser gefälschte Markenartikel zu Spottpreisen. Wenig erbaulich hingegen sind die geschützten Wildtiere, für die Chatuchak trotz Illegalität ein Hauptumschlagplatz ist.

Trotzdem: Bangkoks Märkte sind ein Paradies für Schnäppchenjäger, und Handeln ist Pflicht (aber niemals bei gekochtem Essen): Oftmals wird ganz automatisch Rabatt gewährt. Der Kaufrausch ist also programmiert und nur ein halbleerer Koffer kann Abhilfe schaffen - oder man kauft sich eben einen neuen. (Karin Krichmayr/Der Standard/Rondo/15.6.2007)