Bild nicht mehr verfügbar.

Hohe psychische und physische Belastbarkeit ist unter anderem von LehrerInnen gefordert.

Foto: apa/dpa/wagner

Am Podium (v.l.n.r.): Gerhard Schmid, pib Wien, Claudia Schmied, Bildungsministerin, Gerhard Riemer, Industriellenvereinigung, Ilse Schrittesser, Uni Wien, Mikki Muhr, Kunstvermittlerin und Lehrerfortbildnerin.

Mit "Güte, Humor und Poesie" ausgestattet, so stellt sich Claudia Schmied ideale LehrerInnen vor. Das erklärte die Bildungsministerin kürzlich in ihrer Eingangsrede zur Podiumsdiskussion "Wer darf LehrerIn werden? – Fragen zur Reform der LehrerInnenausbildung", veranstaltet vom Pädagogischen Institut des Bundes (PIB) in Wien. Ob jemand für den Lehrerberuf geeignet sei, beginne bei der Frage, welches "innere Menschenbild" er habe. Es sei zentral, "ob wir von Integration sprechen und Selektion meinen, und ob wir fordern und fördern wollen, oder ob wir die Schwächeren aussondern wollen".

Die Hoffnung auf ein überschaubares Studium und viel Freizeit sei die falsche Motivation, um Lehrer zu werden, sagte Schmied. Vielmehr solle man im Innersten von der Berufswahl überzeugt sein. Das Image des Lehrerberufs zu heben, sei ihr zudem ein wesentliches Anliegen. Es sei jedoch auch wichtig, Selbstkritik zu üben, adressierte die Bildungsministerin an die LehrerInnen und ihre gewerkschaftliche Vertretung.

Fehler im System

"Niemand und alle dürfen Lehrer werden", sagte Mikki Muhr, Kunstvermittlerin und Lehrerfortbildnerin bei der Podiumsdiskussion. Die Rahmenbedingungen und das institutionelle Umfeld müssten so gestaltet werden, dass zufriedenstellendes Lehren und Lernen möglich ist. "Das gesamte System an den Unis und Schulen ist verbesserungswürdig, einzelne Probleme sind nicht lösbar, indem man sagt, du bist geeignet oder nicht", analysierte Muhr.

Hohe Leistungsorientierung gefordert

Konkretere Anforderungen für den Lehrerberuf formulierte Ilse Schrittesser, Professorin am Institut für Bildungswissenschaften der Uni Wien. So sollten zukünftige LehrerInnen überdurchschnittlich intelligent sein und über die Kompetenz verfügen, komplexe Situationen zu meistern. Hohe psychische und physische Belastbarkeit seien ebenso gefordert wie eine ausgeprägte Leistungsorientierung, Lesefreude und die Neugier, stets Neues zu erfahren. Manche Menschen würden diesen Anforderungen eher entsprechen als andere, erklärte die Bildungsforscherin. Aufgrund der gestiegenen Herausforderungen einer globalisierten Gesellschaft, werde europaweit diskutiert, ob es Auswahlverfahren für zukünftige Lehrer geben soll.

Immer weniger männliche Lehrer

"In der Öffentlichkeit herrscht das Bild vor, der Beruf sei ein einfacher Halbtagsjob, der gut mit Familie vereinbar ist. Das ist mitunter auch ein Grund, weshalb immer mehr Männer in diesem Beruf verschwinden, vor allem im Bereich der Grundschule", sagte Schrittesser.

"Im Jahr 2020 sollen sich die besten, engagiertesten und geeignetsten Leute für den Lehrerberuf entscheiden. Wer für die Jugend arbeitet, soll hohes Ansehen genießen", schildert Gerhard Riemer von der Industriellenvereinigung seine Vision. Bildung sei ein entscheidender Wettbewerbsfaktor, deshalb müsse die Schule weiterentwickelt werden. "Die, die Schulmanagement gestalten, müssen wissen, wie Personalentwicklung funktioniert", fordert Riemer.

Selbstmotivation

Bildungsministerin Schmied sprach sich zudem für mehr Optimismus und Zukunftsorientierung aus. Für Schmied ist nicht nur die Politik gefordert, Veränderungen zu bewirken, sondern auch die LehrerInnen selbst. Die Ministerin gab an das Publikum, das zum großen Teil aus PädagogInnen bestand, gleich einen entsprechenden Literaturtipp weiter: Mythos Motivation. Wege aus einer Sackgasse. Von Reinhard K. Sprenger.

"Anerkennungsdefizit"

In der anschließenden Publikumsdiskussion meldeten sich die PädagogInnen zahlreich zu Wort. So monierte eine Direktorin, sie habe kaum Möglichkeiten, das Engagement von hochmotivierten LehrerInnen zu belohnen. Da müsse man sich etwas einfallen lassen - ebenso für jene Lehrkräfte, die weniger motiviert sind. Zudem forderte sie mehr Schulautonomie in Bezug auf Personalentscheidungen.

"Es kursiert ein Virus, auch im Lehrerberuf, nämlich Anerkennungsdefizit", bedauerte eine anwesende Pädagogin. Sie wünschte sich dementsprechend Coaching und Mentoring für LehrerInnen. (burg/derStandard.at, 14. Juni 2007)