"Time And Place"

Foto: Castle

LEE MOSES
Time And Place
(Audiocenter: 01/ 533 68 49)
Die Geschichte von Lee Moses ist eine jener, bei der Soulfans feuchte Augen bekommen. Er war eine jener Schattengestalten aus der hohen Zeit des Soul, die ein paar Singles und ein Album aufgenommen haben, um schließlich von der Welt weitgehend vergessen zu werden. Lee Moses, 1997 verstorben, ist so eine Figur, und sein Album, für das im Internetauktionshaus neben Geld noch diverse gesunde Organe geboten werden, wurde nun erstmals auf CD aufgelegt - um die obligatorischen Singles erweitert. Es ist Deep Soul, wie man ihn tatsächlich selten hört. Zusammengehalten vor allem von der Gott und den Teufel beschwörenden Stimme Moses', operiert eine Band oftmals in gehöriger Schräglage am offenen Herzen und setzt neben elementaren Emotionen auch gehörig Funk frei. Zusammen mit dem im Vorjahr wieder aufgelegten Album von Darondo - ähnliche Story - der Bringer im Wiederentdeckungsfach.

MOTEL LOVERS

(Various Artists/Hoanzl)
Der Münchner Soulprediger und Black-Music-Spezialist Jonathan Fischer versammelt auf seiner jüngsten Kompilation Südstaaten-Soul, der den großen Niedergang in der Disco-Ära bis heute überlebt hat, jedoch kaum überregional wahrgenommen wird. Eskapistische schwarze Musik mit Humor und großem Gefühlspotenzial, die zwischen Picknick-Konzerten am Wochenende und Regionalradio stattfindet. Was in unseren Breiten eine finstere Drohung wäre, ist innerhalb des Chitlin' Circuit, in dem einige der Großen von früher heute noch beschaulich leben und arbeiten, ein Manifest großer und kleiner Gefühle mit mächtig Groove. Das exzellent Einblick in diese Kultur bietende Booklet macht diese Sammlung zu einem echten Leckerbissen: Yummi wie Soulfood!

THE BEES
Octopus
(EMI)
Genialisch zwischen Sixties-Pop, zartem Reggae-Vibe und im Pub gestohlenen, ewigen Melodien, platzieren die britischen Bees diesen prächtigen, Octopus genannten Bastard, auf dem in Folge alles kurz- und zusammengeschlossen wird, was sich zwischen Slide-Gitarre, Bläser und Orgel quetschen lässt. Klingt wie nichts, was man kennt. Unendlich liebevoll, detailverliebt und verspielt - ohne sich darin zu verlieren. Und ein Lied wie das phänomenale Left Foot Stepdown fährt volley in den Pop-Himmel: Tolle Band!

SOPHIE ELLIS-BEXTOR Trip The Light Fantastic
(Universal) Die kühle britische Disco-Entdeckung von vor ein paar Jahren ( Murder On The Dancefloor ), die sogar Bryan Ferry wohlwollend die Braue heben ließ, legt nach Babypause ihr drittes Album vor. Immer noch auf den Dancefloor hinarbeitend gibt sich dieses stellenweise "rockiger" als ihre Vorgänger - ohne die bereits mit den Vorläufern eroberten Gefilde zu vernachlässigen. Gehobener Mainstream-Pop, ohne den Beigeschmack von Ersatzteillagerplünderung - weder die plastische Chirurgie noch die Pophistorie betreffend. (flu / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.6.2007)